Ich denke seit ner ganzen Weile darüber nach, ob ich mich mit diesem Thema in das Forum wende.
Heute beschäftigt es mich mal wieder so, dass ich es wirklich wage. und hoffe hier Rat oder Gleichgesinnte zu finden.
gezögert habe ich, nicht nur weil einige hier mich persönlich kennen, sondern auch einfach, weil es so ein persönliches und emotionales Thema ist. Das schwer in der Öffentlichtkeit zu besprechen ist. Ich hoffe, dass damit respektlos umgegangen wird. Ein zusätzliches Rumdrücken in Wunden wäre hier wirklich besonders schmerzhaft.
Also... jetzt aber mal los.
Ich hatte nach meinem 2. Kind eine Wochenbettdepression.
Es kam für mich und meinen Mann extrem unerwartet. Wir hatten alles, was wir uns wünschten.
Ich kann äußerliche Auslöser erkennen bzw. Stressfaktoren außerhalb der Geburt, und Wochenbettzeit. Darum soll es aber nicht gehen.
Als ich es bemerkt habe, habe ich mit der Hebamme gesprochen, war auch in der Elternambulanz (wo ich eher abgewiesen wurde: "Sie kommen noch aus dem Bett. Antriebslos sind Sie also nicht. Es ist also nicht so schlimm!" war so ungefähr das Wording). Danach habe ich angefangen es mit mir selbst auszumachen.
Mittlerweile bin ich absolut Depressionsfrei, würde ich behaupten.
Doch jetzt..belastet mich der "Rückblick".
ich war zu dieser Zeit absolut nicht wieder zu erkennen und eine richtig ungeduldige, wutentbrannte Mutter. Vor allem zum Älteren.
Ich habe Schreianfälle gehabt, mir fallen Situationen ein, wo er einfach nicht die Treppe nach oben zur Wohnung gehen wollte, sich hingeschmissen hat, das Baby schon am Weinen war und ich ihn einfach wütend am Wollwalkoverall "gepackt" habe und ihn so im Fliegergriff (aber Bauch nach oben) nach oben getragen habe.
Es gab auch einen Schlüsselmoment nachdem ich ihn angeschrieen hatte, wo wir über die Straße gingen und ich uns im Spiegelbild gegenüber gesehen habe. Das hat sich noch heute so festgebrannt - und mir schießen jedesmal die Tränen. Es war dieser Moment: "Oh mein Gott, schau dir an wie klein er ist. und du bist SO zu ihm!"
(Zur Info, mein älterer Sohn war damals 1,5 Jahre alt) und gerade in den ersten Momenten der Trotzphase - verstärkt natürlich durch das kleine Geschwisterchen.
So, dass ist die eine Seite, des unangenehmen Rückblicks. Die Mutter, die ich in der Zeit war.
Die zweite Seite ist "die verlorene Zeit".
Ich sehe mir die Bilder an aus dieser Zeit und ich frage mich: Wieso? Wieso konnte ich meine Kinder in dieser Zeit nicht lieben. Was war nur mit mir? Wieso habe ich es so gehasst mit ihnen allein zu sein. wieso hatte ich keine Bindung zu ihnen? wieso fand ich mein 2. Kind nicht schön?
Wieso war ich nicht glücklich obwohl ich endlich mein ganzes Glück hatte?
Das sind GEdanken, die mich noch heute begleiten. Aber eben im Rückblick. Es fühlt sich an, als hätte diese Depression mir diese Zeit "gestohlen". Sie ist einfach weg und ich hab sie verpasst. Weil da einfach nichts war.
Es ist irgendwie schwer zu beschreiben, wie es sich genau anfühlt. Aber so könnte ich es ungefähr beschreiben.
Heute habe ich keine Depression mehr. Ich bin unendlich glücklich mit und bei meinen Kindern. Ich liebe meine Kinder über alles, ich gebe alles für sie. Sie sind bezaubernd schön, unglaublich großartig und bringen mir so viel Lebensfreude.
Und auch diese "mama Wut" ist natürlich weg, ebenso emfpinde ich jetzt ganz viel bei meinen Kindern. Es ist also eigentlich alles "wie es sein soll".
ABER
Es tut noch immer so unendlich weh.
Wann immer mein Sohn (bald 3) mal alterstypische "Durchdreher" hat, und ich nicht 100% zu meiner Zufriedenheit reagiere, bin ich so unendlich streng mit mir.
Ständig frage ich mich ob ich die beziehung zu einem meiner Kinder kaputt gemacht habe in dieser Zeit.
Das ganze geht aber auch andersrum (als wäre mein Kopf nie still), wenn er dann total vorbildlich und freundlich ist, dazu lernt und es richtig gut macht, dann frage ich mich: habe ich ihn psychisch eingeschüchtert, ihn so kaputt gemacht, dass er wie auf Eiern läuft. Jeden Moment erwartet, dass ich ausraste und deswegen so "mitmacht". Da verunsichert es mich dann z.B. wenn ich ihn bitte: wenn du etwas möchtest, sag bitte nicht: ICh will xy. Sondern: ich möchte xy..
Er macht das dann und lobt sich selbst, bzw. macht uns darauf aufmerksam, wie er das gemacht hat (selbst wenn wir ihm schon gezeigt haben, dass es uns aufgefallen ist). So als würde er mir sagen: Schau Mama, ich benehme mich eh so wie du es dir wünschst. Also, alles gut.
zum Beispiel lässt sich der 1 jährige von mir kaum trösten. Er geht lieber weinend weg, will nicht angefasst werden. Dinge, die er aber beim Papa eher zulässt, als bei mir.
Auch merke ich, dsas ich ganz anders zu ihm bin, als zum Großen, als der 1 war. Viel eher mal so: Ach was, so schlimm war das jetzt nicht! mäßig. Oder, als würde sein Weinen mich nicht so erschüttern, wie vom Großen.
Das sage ich natürlich nie direkt, nur suptil vermittelt man das ja trotzdem. Indem man nicht sofort hinrast und tröstet (wie ich das noch beim 1. Gemacht habe).
Bei solchen Situationen frage ich mich dann immer, ob da was zwischen uns kaputt ist.
Das selbe habe ich auch beim Großen. Frage mich direkt ob was nicht stimmt, wenn ich falsch reagiere. Habe plötzlich Angst ihn in den Kindergarten zu geben, weil ich Angst habe, jetzt schiebe ich ihn ab und die Beziehung geht so richtig kaputt.
Ich frage mich, woran ich erkenne, dass unsere Mama-Kind Bindung irgendwo kaputt ist?
Kurz gesagt:
ich habe sofort Schuldgefühle, wenn ich einen von ihnen mal hinten an stellen muss oder etwas nicht nach Lehrbuch läuft und beziehe alles immer auf diese Depressionszeit.
So, tut mir leid für diesen langen Text, der nichtmal ein richtiges Ende finden konnte.
Irgendwie musste ich all das mal erzählen, ich hoffe, dass ich es nicht bereue