Ich (bzw mein Mann großteils auch 😄) versuchen unsere Tochter (1,5 Jahre) bedarfs-/ bedürfnisorientiert großzuziehen.
Mein Mann „vertritt“ aber auch immer wieder veraltete Ansichten, nach denen wir halt eben erzogen wurden, die uns (angeblich 😁) auch nicht geschadet haben.
Das „vertritt“ setze ich deshalb unter Anführungszeichen, weil ich das Gefühl hab, dass er sie nicht wirklich vertritt sondern halt einfach nicht hinterfragt, weil mans halt so kennt.
Als kurzes Beispiel: sie ins Gitterbett setzen (sperren), wenn sie beißt/ kratzt/ Haare zieht.
Nachdem ich das Buch „das gewünschteste Wunschkind“ gelesen habe, habe ich ihm erklärt, dass ich der Meinung bin, dass Strafen, vor allem solche keinerlei Lerneffekt haben, sie stattdessen nur evtl verstört wird und Angst vorm Bett kriegt und unsere Schlafprobleme mit ihr nur noch ärger werden.
Er sieht das nach dieser Erklärung genauso - Problem also im Griff 💪
Nun zu unserer Tochter: schon mit wenigen Monaten wurde uns immer wieder von Arzt / Physiotherapie/ Familienmitgliedern gesagt, was wir für ein unfassbar charakter- und willensstarkes Kind haben. (Manche würden sagen dickköpfig, ungeduldig und stur, aber ok😅)
Sie ist sehr neugierig, kuschelbedürftig, will überall mittun, ist sehr aktiv, extrovertiert und unglaublich anstrengend und kräfteraubend. 😅
Nun zu unserem Alltag:
Sie geht ca um 21:30 schlafen, mit rund stündlich stillen schläft sie dann bis ca 7:00, an guten Tagen bis kurz vor 8:00.
Untertags schläft sie maximal 30 Minuten, oft auch gar nicht.
Alleine beschäftigen funktioniert mit viel Glück circa 10 Minuten, aber auch nur, wenn sie etwas gefunden hat, was sie eigentlich nicht haben darf. 😁Während ich dann in der Küche einräume, was nix zum Spielen ist, hat sie die Nähmaschine oder leere Dosen im Mist oder sonst irgendwas gefährliches gefunden.
Was sie so gut wie gar nicht verträgt ist, wenn ich etwas im Haushalt mache.
Selbst wenn zb meine Eltern da sind und im Wohnzimmer mit ihr spielen, sobald ich in der Küche was schneide steht sie neben mir und raunzt und will hochgenommen werden.
Sie hat deshalb einen Lernturm bekommen, das funktioniert bei meinem Mann meistens gut, bei mir mäßig.
Sie will meistens trotzdem zu mir hoch. Wenn ich sie nicht nehm beißt sie mich oder kriegt einfach einen ihrer Wutanfälle.
Essen ist auch so ein Kapitel:
Meistens stopf ich mir im Stehen alles was herumliegt vollkommen unbewusst rein, weil sobald ich mich hinsetze will sie auf meinen Schoß.
Wenn sie alleine bei meinen Eltern ist, oder ich komplett nach ihrer Pfeife tanze ist sie wiederum das bravste Kind auf Erden.
Ich versuche immer wieder irgendwelche Sachen im Internet nach zu basteln mit denen sie alleine spielen kann (zb Klopapierrollen an die Wand hängen, wo sie Sachen durchschmeißen kann oder aus leeren Kartons irgendwas cooles zum Motorik üben…), alles was sie da interessiert ist, wie ist das „zusammengebaut“ - alles an klebeband wird prinzipiell abgerissen, lose Teile sowieso in den Mistkübel geworfen 😆
Sie spielt dann, wenn jemand zuschaut oder mitspielt bzw liebt es auch Bücher und Fotos anzuschauen und auch zum Tanzen will sie Publikum.
Ich geh jetzt mit ihr wöchentlich in einen Musikkurs, früher waren wir Babyturnen, wir sind jeden Tag draußen, wir haben ein Bällebad für sie - trotzdem wird sie gefühlt nie müde und braucht durchgehend Programm.
Nachdem ich seit 1,5 Jahren nie mehr als 2 Stunden am Stück geschlafen habe (auch wenn sie auswärts schläft, wache ich natürlich auf), und großteils alleine mit ihr bin, bin ich entsprechend ausgelaugt und tue meistens, wonach sie verlangt, einfach weil ich mir das Geraunze, das Geschrei, das Beißen nicht antun will und so ist wenigstens Ruhe. (Manchmal. Für ein paar Minuten. 😂)
Was hinzu kommt ist, dass ich massive Probleme habe, bei der bedürfnisorientierten Erziehung zu berücksichtigen, dass auch alle anderen und schlussendlich auch ich Bedürfnisse habe, die auch ab und zu schwerer wiegen als ihre.
Das ist auch das große Diskussionsthema zwischen meinem Mann und mir, weil er sagt, dass ich sie damit halt nicht bedürfnisorientiert erziehe, sondern einen ungeduldigen Egoisten aus ihr mache, weil sie von mir nur lernt, wenn sie laut genug schreit und raunzt kriegt sie alles was sie will.
Ich erkläre ihr grundsätzlich schon immer, was ich gerade tun will oder mache, aber sobald sie eben raunzt überkommt mich einer der beiden Gedanken, nämlich
„Bitte sei einfach friedlich und hör auf zu raunzen“ oder
„Omg, mein kleines Baby braucht Nähe / Essen / Aufmerksamkeit/ was auch immer“
Und in meinem Kopf ist automatisch hinterlegt, dass sie immer an erster Stelle kommt und sie immer alles viel dringender braucht als ich.
Zb wenn ich was Essen will, sie aber kuscheln, sagt mein Hirn „ah so schnell verhunger ich nicht, ok wir kuscheln“, wiederum wenn ich zb Geschirr in den Geschirrspüler räume, sie aber Hunger hat sagt mein Hirn „omg, lass alles stehen, das Kind verhungert“. 🤣
Hat hier vielleicht jemand den ein oder anderen Trick, wie man die Bedürfnisse aller anwesenden „korrekt“ einschätzt und abwiegt?
In der Theorie funktioniert das alles mit der Kindererziehung nämlich viel einfacher als im echten Leben 🤣
Danke euch
