Nach guten 7 Jahren praktisch pausenloser Rekrutierung von KinderbetreuerInnen bin ich mehr als nur desillusioniert und muß die Hauptschuld an falschen Wirklichkeitsvorstellungen in erster Linie den Matchingplatformen in die Schuhe schieben.
Mit dem Slogan 'Caring and loving childcare' bewirbt babysitter24 die Profile, Leute können gewünschte Stundensätze eingeben und ihnen wird dann vorgerechnet, was sie mit einem bestimmten Job so verdienen würden, ähnlich agieren auch die anderen Seiten, in denen man neben der PLZ auch den Umkreis für die Suche eingeben kann. Auf AuPair.com wird den potentiellen AuPairs der Job als Rolle einer großen Schwester / eines großen Bruders im Familienkreis beschrieben und die jungen Leute kommen mit dieser Erwartung auch allen Ernstes daher.
Damit wir uns in einer Sache klar sind - der Job einer Nanny ist es, die Mutter zu ersetzen und dafür bezahlt zu bekommen. Wenn man den ganzen Tag in der Mutterrolle verbringt, kann man sich definitiv nicht denselben Stundensatz erwarten wie eine Babysitterin, die für 1-2 Stunden wöchentlich kommt. AuPairs sind Haushaltsangestellte, die für die Ausübung ihres Jobs bezahlt bekommen, also keinesfalls Familienmitglieder, auch wenn sie im Haushalt ein Zimmer zugewiesen bekommen.
Seit der Gesetzesänderung kostet mich ein 'echtes' AuPair, also keine EU-BürgerInnen, die einfach nur im Ausland wohnen und arbeiten wollen, mehr als eine lokal rekrutierte Volllzeitnanny - zu berappen ist nicht nur das 'Taschengeld' von weit über 500€ monatlich für lächerliche 18 Wochenstunden Arbeitszeit (Achtung - an Feiertagen oder am Wochenende dürfen die armen AuPairs keinesfalls arbeiten!) und die Gebühren der Arbeitserlaubnis vom AMS, sondern mittlerweile auch eine Krankenversicherung, welche COVID-Aufenthalte im Krankenhaus abdeckt u.ä. Ausgaben. Abgesehen davon, daß man das Zimmer fürs AuPair in diesem Zeitraum nicht vermieten kann und für sie einkaufen und kochen muß. Immer wieder verlieren sie auch Räder oder machen irgendwelche Sachen im Haushalt kaputt. Seit ein solcher 4 Monate lang vollkommen unbrauchbar war, ich ihn jedoch aufgrund der wirlich hohen und absolut nicht rückerstattbaren Kosten für die Zusatzversicherung nicht wegschicken konnte, habe ich damit aufgehört, AuPairs zu rekrutieren und ziehe anstatt diesen Studierende heran, die gegen einen Beitrag zu den BK und ein wenig Babysitting günstig wohnen wollen.
Der Besagte ist übrigens nach 4 Monaten erst draufgekommen, daß er den Job bei mir nicht etwa als Visum in die EU verwenden konnte [was definitiv die Einstellung fast aller 'echten' AuPairs ist; es wimmelt nur so von Profilen aus Tadschikistan, Lateinamerika, Südafrika, dem Iran und von den Philipinen], sondern daß er in der EU keine Chance am Arbeitsmarkt hatte und daß sein Visum samt Aufenthaltsgenehmigung ausschließlich an die Familie gebunden war. Selbst wenn er also versucht hätte, die Familie zu wechseln (was er nie vorhatte - wo käme der denn hin, wenn er auch noch Kinder betreuen müßte!), hätte das ohne Unterbrechung seines Aufenthalts in Ö nicht geklappt.
Die nächste Kategorie sind die lieben Leihomas - ja, sie sind kinderfreundlicher als pubertierende BabysitterInnen aus der Oberstufe und Studierende, man kann auch längerfristige Verhältnisse zu ihnen aufbauen. Das liegt aber keinesfalls daran, daß sie einen Sinn im Leben suchen, Ersatzenkelkinder haben wollen, es genießen, gestressten Müttern zu helfen oder gerne in die Familie eingebunden wären. Ich kann mich noch gut an den Sommer 2021 erinnern, in dem ich hochschwanger war, es aufgrund der Lockdowns monatelang keine AuPairs Visaausstellungen gab und ich weit über 150 Babysitterprofile und mindestens 25 Leihomas kontaktiert hatte, ob sie gewillt wären, meine beiden Älteren 2-3d lang zu betreuen, während ich im Krankenhaus wäre - exakt keine der Leihomas war bereit, das zu tun, die meisten antworteten gar nicht und der Rest hatte lächerliche Ausreden auf Lager. Heute ist übrigens einer dieser Damen seit weit über einem halben Jahr regelmäßig bei uns. Jetzt, wo ich nicht mehr hochschwanger bin! Von den BabysitterInnenprofilen haben wir übrigens exakt eine Studentin getroffen, die 50€ haben wollte (Cash oder mit Kreditkarte würde sie annehmen, meinte sie), dafür, daß sie mir 10' lang beim Kinderbetreuen zugesehen hatte und keinesfalls die Intention hatte, wiederzukommen.
Bei den älteren Damen geht einfach nur um die Alternativlosigkeit - natürlich können sie in diesem Alter nicht mehr kellern gehen, brauchen aber zusätzliches Geld.
Gelöst habe ich das um die Entbindung damals herum übrigens so, daß wir im Endeffekt doch eine Maturantin fanden, die 10€ pro Stunde verlangte und nicht erwähnt hatte, daß sie in wenigen Tagen einen Urlaub geplant hatte. Als könnte man den Entbindungstermin planen! Nach zwei Tagen Einschulung verlangte sie bereits 20€ pro Stunde und war dann am betreffenden Tag sogar Einsatzbereit - konkret wurden die beiden Älteren jedoch ad hoc von der einzigen Nachbarin betreut, die ich zu diesem Zeitpunkt im Wohnhaus antreffen konnte, danach kam die Babysitterin und blieb bei den Buben, bis meine Schwester sie abholte und zum Großvater brachte und am Folgetag brachte sie meine Schwester zu einer ehemaligen Nanny, bei der sie blieben, bis ich mit dem Jüngsten wiederkehrte. Die besagte Babysitterin fuhr übrigens am Tag nach meiner Entbindung auf Urlaub und wäre das Baby nicht rechtzeitig davor zur Welt bekommen, hätte sie sich lediglich 20€ pro Stunde in die Taschen gestopft, um familiär mit den Kindern zu werden. Ein Klassiker in diesem Milieu.
Umfragen im sogenannten Freundeskreis haben exakt nie etwas ergeben - alle glauben zu wissen, deren ehemaligen HelferInnen hätte ausgerechnet in diesem Zeitraum 'keine Zeit', die meisten können sich nicht an die Namen (!) der Tagesmütter ihrer Kinder erinnern, geschweige denn, daß sie Telephonnummern von diesen hätten, aber ich habe selten mal jemanden erlebt, der mich nicht groß nach Erfahrungen und Kontakten ausgefragte hätte.
Ich kann nur sagen, daß frau mit der Betreuung der Kinder mutterseelenallein ist und daß man sich unter keinen Umständen der Illusion hingeben darf, es würde sich irgendjemand besser um die Kinder kümmern wollen (nicht können!) als die Mutter.
Der nächste Punkt sind männliche Babysitter. Ich arbeite seit bald 5 Jahren fast ausschließlich nur noch mit männlichen AuPairs (bzw. mittlerweile sind das Studenten, die günstig wohnen wollen), es gab etliche Lehrer in der Vergangheit und auch aktuell haben meine Söhne einen Manny, also keine Nanny.
Der BabysitterInnenmarkt ist mittlerweile fast schon bei 50:50, d.h. junge Männer, die gewillt sind, auf Kinder aufzupassen, sind alles andere als rar, ich kann auch nicht behaupten, sie würden den Job wesentlich schlechter machen als gleichaltrige Mädels. Sie sind aber definitiv gröber und ignoranter zu den Kindern und im Regelfall haben sie kaum Durchhaltevermögen und hauen bei Trotzphasenausbrüchen u.ä. einfach ab.
Allgemein ist die Einstellung zu Kindern bei InteressentInnen das größte Problem und ich verbringe 2-3 Wochen in der Anfangsphase damit, Leute anzutrainieren und ihnen Sachen zu erklären, von denen man meinen sollte, sie wären mit Hausverstand lösbar. Die Drop-Out-Quoten in dieser Einschulungszeit liegen bei 80% und das liegt definitiv beim Klientel.
Am schlimmsten sind (Kindergarten-)PädagogInnen und Mütter, bzw. Großmütter - sie alle denken, sie hätten alles richtig gemacht und haben nicht den blassesten Schimmer von Kinderrechten, der kindlichen Psychologie und deren Rolle in der Entwicklung von Kindern. Beim Kindergartenpersonal handelt es sich im Regelfall um rangniedere Positionen, die sich von einem Nannyjob mehr Verantwortung und vor allen Dingen eine bessere Bezahlung erhoffen. Weniger häufig, aber durchaus auch präsent sind KindergärtnerInnen, die vom Job enttäuscht wurden, bzw. ihn zu anstrengend finden, diese Desillusionierung keinesfalls auf deren pädagogische Ausbildung zurückführen und denken, sie würden bei der Betreuung von 2 Kleinkindern mehr Entspannung finden.
Bei Müttern und Großmüttern ist es genauso - sie haben in der Erziehung ihrer eigenen Kinder (welche sie im Regelfall recht rasch an irgendwelche Kollektivbetreuungsinstitutionen abgeschoben haben!) ja nie etwas falsch gemacht und jetzt würden sie für deren Haushaltstätigkeit auch noch Geld bekommen.
Beide Gruppen sind quasi nicht umlernbar.
Sehr leicht antrainierbar sind junge Leute, hier happert es jedoch an der Ausdauer. Sich mit 18 ein brüllendes Baby anzutun, den Hintern eines Kindes abzuwischen oder sich gar mit dem Kind beschäftigen müssen und gezwungen zu sein, ganze Stunden lang nicht zu chatten, ist für die wenigsten akzeptabel.
Ideal fürs Babysitting allgemein, bzw. für eine Tätigkeit als Kindermädchen, sind kinderlose Frauen ab 45, möglichst auch ohne Partner, deren Kinderwunsch nie erfüllt wurde, bzw. die ein Kinder verloren haben. Solche sind sowohl bereit, sich dem jeweiligen Kind zu widmen als auch zu lernen, wie man mit einem Kind umgeht.
Solche waren nicht nur imstande, den Einschulungsprozess ohne weiteres durchzuhalten, es entstanden dadurch auch sehr langfristige Arbeitsverhältnisse. Wobei es leider auch eine Sättigungsgrenze gibt - im Regelfall hatten sie nach 2-3 Jahren genug von kleinen Kindern und machten in vollkommen anderen Professionen weiter.
Was Leuten beigebracht werden muß, sind subtile Signale, welche Kinder ab dem Neugeborenenstadium aussenden. Wenn man diese sofort und richtig erkennt und rasch und richtig auf diese reagiert, hat man es den ganzen Tag über mit ausgeglichenen Kinder zu tun, die gut drauf sind und sich schön entwickeln. Es wird jedoch in keiner pädagogischen Ausbildung annährend auf diesen Punkt eingegangen - Kinder brauchen weder Grenzen gesetzt, noch müssen sie lernen, 'Bitte' und 'Danke' zu sagen und schon gar nicht braucht man ihnen beizubringen, daß Erwachsene Autoritäten sein sollen. Klar, von einer Kindergärtnerin zu verlangen, daß sie imstande ist, bei 20-30 auf alle Signale zu achten, ist zu viel verlangt und das liegt nicht an der zu geringen Bezahlung, sondern an ihren intellektuellen Kapazitäten bzw. an ihren körperlichen Fähigkeiten. Man kann aber ohne weiteres von einer Nanny verlangen, daß sie richtig erkennt, wann das Kind austreten möchte, ihm dabei hilft und daß sie dem Kind auf subtile Art und Weise gesunde Snacks in den Mund schiebt, während es wesentlich wichtigeren Tätigkeit nachgeht, wie bspw. Bücher lesen, spielen oder Tiere streicheln. Kinder brauchen keine Bespaßung, unterhalten können sie sich bestens selbst, sie brauchen Betreuung und Erwachsene, die erkennen, was sie ihnen zu kommunizieren versuchen.

