[Expertenchat] "Entspannungsmethoden für Kinderwunschzeit & Geburt” mit Dr. Sabine Jirecek

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Hallo zusammen,

Wir alle kennen es: In unserer Gesellschaft sind wir darauf konditioniert, stets die Kontrolle zu behalten. In der Schule, bei der Arbeit oder im Sport funktioniert das in der Regel gut und ermöglicht es uns, Erfolge zu erzielen: Gute Noten, eine Beförderung oder der absolvierte Langstreckenlauf. 
 
Doch dann beginnt die Zeit des Kinderwunsches und es fällt Frauen oftmals schwer, loszulassen - das kann sich jedoch negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken. Und auch während der Schwangerschaft erhöht ein entspannter Geist und Körper die Chancen auf eine schmerz- und interventionsarme Geburt.

➡️ In diesem Expertenchat dürfen wir euch Dr. med. Sabine Jirecek vorstellen, die eure Fragen rund um das Thema "Entspannungsmethoden für Kinderwunschzeit & Geburt” beantwortet. 



💕 Zu diesen Themen kannst du Sabine beispielsweise fragen:

In der Kinderwunschzeit:

* Wie kann ich meine Fruchtbarkeit mental steigern?
* Wie bereite ich mich mental auf eine künstliche Befruchtung vor?
* Wie gehe ich mit Therapieversagen oder einer Fehlgeburt um?

In der Schwangerschaft:

* Wie gehe ich mit Angst vor der Geburt um?
* Wie stärke ich das Vertrauen in meinen Körper?
* Welche Atemtechniken, Entspannungsübungen oder Gedankenreisen sind empfehlenswert?

... oder was du sonst gerne wissen möchtest!

💡 Unsere Expertin:

Seit 2011 bereitet Sabine Jirecek Schwangere in ihren Kursen auf eine entspannte Geburt vor. Außerdem begleitet die ausgebildete Allgemeinmedizinerin Paare als Fertilitäts-Coach auf ihrem Weg zum Wunschkind. Sie ist selbst Mutter zweier Kinder. Mehr über Sabine erfährst du hier.

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ℹ️ Gut zu wissen: Dieser Expertenchat wird über einen längeren Zeitraum verfügbar sein, also stellt einfach jederzeit gerne all eure Fragen! Und, keine Sorge: alle Fragen werden beantwortet, wir bitten jedoch um euer Verständnis, dass die Antworten mitunter ein wenig Bearbeitungszeit benötigen können.

Liebe Grüße,
Admina

Kommentare

  • Hallo, liebe zukünftige Mamas!

    Entspannt durch die Zeit des Kinderwunsches zu kommen, hört sich für die meisten Frauen
    zwar schön an, ist aber oft weit entfernt von dem, wie sie sich momentan fühlen. Kein
    Wunder, denn grundsätzlich geht man ja davon aus, dass man auch schwanger wird, wenn
    sich der Wunsch nach einem eigenen Kind zeigt. Wenn es dann doch nicht so einfach
    funktioniert, empfinden viele Frauen statt Vorfreude eher Traurigkeit, Frustration, Neid oder
    Wut.

    Zum Glück lässt sich Entspannung erlernen und mit regelmäßiger Übung wird man merken,
    dass man schon sehr bald gelassener durch die Zeit des Kinderwunsches kommt.
    Egal, ob man noch ganz am Beginn ist, wo man einfach mal schaut, was passiert, wenn man
    ungeschützten Sex hat, oder ob man bereits mitten in der Kinderwunsch-Therapie steckt,
    Entspannung zahlt sich immer aus!

    Die Zeit der Schwangerschaft ist etwas völlig Neues und Aufregendes, weil sich der eigene
    Körper verändert und man plötzlich auch noch die Verantwortung für neues Leben, das in
    einem wächst, mitträgt. Relativ bald denken die meisten Schwangeren dann auch schon
    über die Geburt nach und wollen sich gut darauf vorbereiten, damit alles so gut wie möglich
    nach ihren Wünschen läuft. Auch hierbei ist es sehr hilfreich, wenn man schon früh damit
    beginnt, dem eigenen Körper beizubringen, wie er sich entspannen kann. Wer das in der
    Schwangerschaft regelmäßig übt, kann es in der Geburtssituation gut wieder abrufen.

    Ich freue mich sehr, in den nächsten 2 Wochen eure Fragen beantworten zu dürfen! Ganz
    egal, was euch zum Thema Entspannung im Kinderwunsch oder bei der Geburt interessiert,
    fragt einfach nach!

    Alles Liebe,

    Sabine
  • Guten Morgen Dr. Jirecek,

    Wir stehen kurz vor Beginn unserer Kinderwunsch Behandlung.
    Bin schon sehr nervös und freu mich richtig auf den Start.
    Bei dem Ultraschall sah der Arzt, dass meine Gebärmutter nicht richtig durchblutet und dass ich zu verkrampft bin.
    Nach einer Infusion mit Magnesium und Stromtherapie, war das ein Wahnsinns unterschied. Am Donnerstag soll ich nochmal zum Ultraschall vorbeikommen ob es so geblieben ist.
    Natürlich mache ich mir jetzt extremen Stress das es wieder wie vorher ist.
    Auch wenn mich der Gedanke beruhigt das die Infusion hilft, möchte ich dass nicht vor jedem Versuch durchmachen..
    Könnten Sie mir einen Tipp geben wie ich da entspannt bleibe und ich nicht mehr verkrampfte?
    Generell das ich mich nicht verrückt mache in der Zeit? 😊
    Die Zeit vom Transfer bis zum Test muss ich dann auch irgendwie überbrücken..
    Und der erste Versuch.. die Freude ist riesig.. doch die Angst das es nicht klappt auch..
    Ich mache viel Yoga ich weiß das es ein paar Übungen gibt die helfen..

    Wünsche ihnen einen schönen Start ins Wochenende.
  • Hallo Mlai,

    ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn wir uns duzen, das macht's ein bisschen einfacher und persönlicher.

    Vielen Dank für die Schilderung deiner Situation! Was mit total gut gefallen hat ist, dass du geschrieben hast, dass die Freude auf den ersten Versuch riesig ist. Das ist eine gute Voraussetzung, denn Freude führt zur Ausschüttung von Endorphinen und Endorphine entspannen dich :)

    In Hinblick auf die Tatsache, dass deine Gebärmutter angeblich zu wenig durchblutet und verkrampft war, würde ich dir empfehlen, täglich ein Magnesium-Präparat zu nehmen. Wahrscheinlich ist es medizinisch überhaupt nicht notwendig nach der Magnesium-Infusion, aber es schadet dir nicht und gibt dir vielleicht die nötige Sicherheit und das Vertrauen, dass der Magnesiumspiegel für längere Zeit aufrechterhalten bleibt und du nicht wieder in die unangenehme Situation kommst, vor einem weiteren Versuch Ähnliches durchmachen zu müssen.
    Zusätzlich dazu könnte es hilfreich sein, wenn du dir Lavendelöl für den Körper besorgst und dir damit regelmäßig deinen Unterbauch einreibst. Lavendelöl wirkt entspannend - sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer Ebene. Nimm dir dafür mindestens 10 Minuten Zeit, in denen du nicht gestört wirst. Am besten suchst du dir ein bequemes Plätzchen aus, wo du dich hinlegen oder gemütlich hinsetzen kannst. Nimm dir ein bisschen vom Öl und massiere damit sanft deinen Bauch ein. Wenn du das Öl gut eingerieben hast und sich der Geruch ausgebreitet hat, dann lege deine Hände auf deinen Bauch, schließe deine Augen und versuche ganz tief zu deinen Händen in den Bauch hin einzuatmen und genauso lange wieder auszuatmen. Die tiefe Bauchatmung aktiviert den Parasympathikus, also den entspannten Teil des Nervensystems, und somit wirst du merken, dass du relativ schnell ruhig wirst. Wenn es dir möglich ist, versuche dann vor deinem inneren Auge ein Bild von deiner Gebärmutter entstehen zu lassen. Lass deinen inneren Bildern freien Lauf, es muss überhaupt nicht wie eine echte Gebärmutter aussehen. Wenn du dann ein Bild hast, schau dir an, ob du irgendetwas in die Richtung gehend verändern kannst, dass das Bild deiner Gebärmutter weicher und lockerer wird. Angenommen du würdest das Bild einer geschlossenen Blüte sehen, stell dir vor, dass sie aufgeht. Oder wenn du ein festes Wollknäuel siehst, stell dir vor, dass sich die Fäden lockern. Wenn man noch nie mit Visualisierungen gearbeitet hat, dann wirkt das auf den ersten Blick alles ein bisschen seltsam, aber lass dich darauf ein und schau mal, was sich dir zeigt. Wenn du damit fertig bist und es sich für dich stimmig anfühlt, dann lass das Bild wieder gehen und komme abschließend noch einmal auf deine Atmung zurück. Nimm ganz bewusst ein paar tiefe Atemzüge, um diese Übung zu beenden. Es wäre super, wenn du das bis zum Transfer täglich oder zumindest alle 2 Tage durchführen könntest. Wahrscheinlich wird es dann so sein, dass du immer schneller zu deinen inneren Bildern kommst und sich die Bilder auch immer selbstverständlicher anfühlen. Dadurch, dass du zusätzlich zu deiner Entspannung den Duft von Lavendelöl einatmest, wird dein Körper darauf konditioniert, dass er Lavendelöl mit Entspannung verbindet. Das kannst du dir insofern zu Nutze machen, indem du am Tag vom Transfer Lavendelöl auf deine Unterarme gibst und während der Behandlung daran riechst. So weiß dein Körper, dass er sich entspannen darf.

    Das zweite Thema, das du angesprochen hast, ist die Wartezeit bis zum Test. Insgesamt ist die Kinderwunschzeit eine unglaubliche Geduldsprobe, weil man das Gefühl hat, permanent nur zu warten. Auf den Eisprung, auf das Ausbleiben der Menstruation bzw. den Schwangerschaftstest, auf den ersten Ultraschall nach dem positiven Test....
    Grundsätzlich haben die meisten Frauen nach dem Embryo-Transfer das Gefühl, dass sie besonders vorsichtig sein müssen, um nichts falsch zu machen. Ganz wichtig ist es zu wissen, dass es nichts gibt, was man falsch machen kann. Wenn's klappt, dann klappt's und wenn nicht, dann bestimmt nicht deswegen, weil man sich nicht richtig verhalten hat. Mach also ruhig alles so weiter wie davor. Wenn du dich gut entspannt hast bei der Entspannung mit dem Lavendelöl, dann verwende es ruhig weiter in Kombination mit der tiefen Bauchatmung. Das hilft dir in Situationen, in denen du innere Unruhe und Nervosität spürst, weil dir das Warten schon so lästig ist. Versuche es dir in diesen 2 Wochen richtig gutgehen zu lassen. Mach das, was dir Freude macht. Triff dich mit Freundinnen, genieße die Zeit mit deinem Partner, geh in die Natur und mach ruhig auch weiter Yoga (es spricht überhaupt nichts dagegen!).

    Ich drücke dir die Daumen, dass alles gut klappt!

    Herzliche Grüße,

    Sabine
    julietta23
  • Hallo Sabine,

    hab mir heute gleich ein Lavendelöl besorgt und Magnesium habe ich noch Zuhause.
    Die Übungen habe ich gerade versucht und es hilft mit wirklich. Kurzzeitig habe ich dieses Geräusch der Durchblutung vom Ultraschall gehört und es fühlt sich einfach gut an mit das vorzustellen.
    Werde es zu 100% täglich ein paar Minuten machen.

    Danke für deine Tipps, ich freue mich schon so darauf endlich anzufangen.
    Auch weil dann der Druck weck ist falls es nicht klappt, dann werde ich mich um eine Adoption oder Pflegestelle bemühen.

    Liebe Grüße
  • Vielen Dank für die Rückmeldung! Es freut mich sehr, dass du es gleich ausprobiert hast und ein gutes Gefühl dabei hast!

    Du bist ja erst am Anfang deiner Therapie, also sei ruhig mal zuversichtlich, dass es mit dem eigenen Baby klappt. Trotzdem ist es super, dass du einen Plan B (Adoption, Pflegekind) hast, das nimmt nämlich den Druck und du kannst entspannter an die Therapie herangehen.

    Meld dich gerne wieder, falls ich dir noch irgendwie helfen kann.

    Schönen Abend und alles Liebe,

    Sabine
    Mlai
  • Liebe Sabine.

    Ich hatte voriges Jahr im September eine Fehlgeburt in der 8ten SSW.
    Sie hat mich sehr mitgenommen, aber ich dachte es gut überwunden zu haben.

    Jetzt bin ich wieder schwanger in der 10ten Woche und merke dass ich noch sehr daran zu arbeiten habe.
    Der FA hat ein Hämatom festgestellt und ich muss mich die nächsten Wochen schonen, bin krankgeschrieben und hab nun viel zu viel Zeit um mir (noch mehr) Gedanken zu machen

    Ich merke wie unterschiedlich ich diese Schwangerschaft zu meiner letzten im emotionalen Bereich handhabe.

    Obwohl ich mich sehr freue dass wir ein Kind erwarten und versuche positiv zu denken, fällt es mir schwer diese Freude vorbehaltlos zuzulassen. Es fällt mir schwer die Schwangerschaft zu genießen, die Angst unser Baby zu verlieren ist ständig im Hinterkopf.

    Obwohl diese Schwangerschaft ganz anders ist und wir den Herzschlag schon früh in der 6ten Woche sehen durften und abgesehen vom Hämatom auch bei der letzten Untersuchung alles in Ordnung war, bin ich nicht in der Lage diese ständige Angst loszuwerden

    Ich habe auch ab und zu schlimme Alpträume, auch dieses Kind zu verlieren. Sie sind sehr realistisch und ich wache weinend und nahe einer Panikattacke auf.

    Mein Partner ist mir eine große Stütze und tut alles damit ich mich wohl fühle und entspannen kann. Aber er kann mir die Nervosität und Angst natürlich nicht nehmen.

    Bei jedem Ziepen und Zwicken, Stechen oder Ziehen werde ich nervös.

    Vielleicht hast du ein paar Tips die mir dabei helfen können, besser zu entspannen und wieder mehr auf meinem Körper zu vertrauen.

    LG



  • Hallo,

    vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns teilst! Es tut mir sehr leid, dass du eine Fehlgeburt erlitten hast :'(

    So unangenehm es dir momentan ist, dass du krankgeschrieben bist und dich schonen sollst, so ist es doch eine große Chance, weil du unmittelbar mit deiner Angst konfrontiert wirst und eine Lösung dafür finden musst. Ich denke, dass es vermutlich keine größere Angst gibt als die, die man um das Leben der eigenen Kinder hat. Sie beginnt beim positiven Schwangerschaftstest und endet wahrscheinlich nie. Der einzige Weg, um damit zurechtzukommen, ist wohl das Vertrauen, dass alles genau so kommt wie es kommen soll.

    Du beschreibst, dass du diese Schwangerschaft ganz anders erlebst als deine erste. Das ist ein guter Ansatz und genau damit würde ich arbeiten. Im Kopf vom Verstand her differenzierst du die beiden Schwangerschaften bereits, aber auf der unbewussten Ebene vermutlich noch nicht. Ich schlage dir dazu 2 Möglichkeiten vor, wie du dich von den negativen Zellerinnerungen befreien kannst.

    1. Nimm ganz bewusst von deinem ersten Baby Abschied und veranstalte eine kleine Trauerzeremonie. Falls dein Partner mitmachen möchte, wäre es schön, muss aber nicht sein. Besorge dir eine schöne Schachtel und gib dort alle Dinge hinein, die dich an das Baby erinnern (SS-Test, Mutter-Kind-Pass, Ultraschallbilder...). Schreib deinem Baby einen Brief, in dem du erwähnst, was dir sein Leben bedeutet hat, wie sich der Verlust anfühlt, warum du die Zeremonie durchführst und dich verabschiedest. Vielleicht findest du auch noch ein schönes Gedicht.
    Such dir für die Zeremonie einen passenden Ort aus. Das kann zu Hause sein, im Garten, im Wald etc.. Bereite den Ort schön vor z.B. mit Blumen, Kerzen, Musik, einer angenehmen Sitzmöglichkeit. Stelle deine Schachtel mit den Gegenständen in die Mitte, der Deckel ist offen. Setze dich still hin, beginne dich mit Hilfe der tiefen Bauchatmung zu entspannen und dann konzentriere dich auf deine Intention (Abschiednehmen, Loslassen). Wenn du bereit dazu bist, dann lies deinen Brief vor (laut oder leise, wie du magst) und sag laut oder in Gedanken, was dir sonst noch wichtig ist. Nimm dir soviel Zeit wie du brauchst. Wenn du fertig bist, packe deinen Brief in die Schachtel, nimm den Deckel und mach die Schachtel zu. Nimm eine schöne Schleife und binde sie um die Schachtel herum. Bedanke dich abschließend und beende die Zeremonie. Räume die Schachtel an einen Ort, wo du ihr nicht ständig begegnest (Keller, Dachboden etc.). Du könntest sie natürlich auch ganz weggeben, aber ich fände das schade, denn dein Baby bleibt ja immer ein Teil von dir, auch wenn du dich emotional distanzierst, sodass du auf die Erfahrung zurückblicken kannst ohne traurig zu werden (das ist nämlich das Ziel der Zeremonie).

    2. Nimm dir ausreichend Zeit und ziehe dich an einen ruhigen Ort zurück. Setze oder lege dich gemütlich hin und sorge dafür, dass du nicht gestört wirst. Atme einige Minuten tief in deinen Bauch ein und genauso lange wieder aus. Stell dir dann vor deinem inneren Auge einen Ort vor, der dir Sicherheit gibt. Das kann ein realer Ort sein, an dem du dich wohlfühlst oder auch einer, an dem du noch nie wirklich warst. Wichtig ist dabei nur, dass du dich geborgen und sicher fühlst. Wenn du diesen Ort gefunden hast, dann such dir dort irgendeinen Platz aus, wo du dich hinsetzten oder -legen kannst. Stelle dir dann vor, dass du ein Buch vor dir hast. Du öffnest das Buch und erkennst, dass in diesem Buch die Geschichte deiner 1. Schwangerschaft aufgeschrieben oder aufgezeichnet ist. Schau dir alles genau an. Du siehst den pos. SS-Test, die Freude, die ersten US-Untersuchung usw.. Du siehst aber auch die Fehlgeburt und alles, was damit verbunden war. Wenn du das Buch fertig angeschaut hast, dann schließt du es wieder und beschriftest es. Schau mal, welcher Titel dir dafür einfällt. Dann stell dir vor, dass du einen Heliumluftballon in deiner Lieblingsfarbe hast. Du bindest das Buch an den Luftballon und lässt ihn steigen. Du siehst, wie der Ballon und das Buch immer weiter nach oben steigen und immer kleiner werden. Irgendwann kannst du sie nicht mehr sehen. Das Buch ist jetzt bei all deinen anderen Büchern, die Geschichten aus deinem Leben erzählen, angekommen. Jetzt nimmst du ein wunderschönes neues Buch und beginnst darin zu schreiben. Es beginnt mit dem SS-Test deiner jetzigen Schwangerschaft und geht bis zum heutigen Tag. Es sind noch viele Seiten frei, denn die Geschichte wird weitergehen. Schließ das Buch und beschrifte es mit einem für dich passenden Titel. Dann siehst du vor deinem inneren Auge, wie du von dem Platz, an dem du dich hingesetzt oder -gelegt hast wieder aufstehst. Du hältst das Buch fest in deinen Händen und beobachtest, wie du von deinem sicheren Ort langsam wieder in die Gegenwart zurückkehrst. Nimm noch ein paar tiefe Atemzüge und öffne deine Augen.

    Zusätzlich dazu würde ich dir raten, gerade in den Momenten, in denen du die größten Ängste und Zweifel hast, besonders intensiv in Verbindung mit deinem Baby zu gehen. Ich weiß, dass man aus Selbstschutz oft versucht, sich zu distanzieren und keine Emotion entstehen zu lassen. Es würde an deiner Traurigkeit aber nichts ändern, wenn du dein Baby wieder verlieren würdest. Du wärst in jedem Fall traurig, egal ob du dich auf die Verbindung eingelassen hast oder nicht. Wenn du die Verbindung zum Baby herstellst, hast du die Chance, langsam ins Vertrauen zu kommen, dass es deinem Baby gut geht.
    Wenn du also wieder einmal Panik hast, ein Ziehen, Zwicken oder Stechen spürst, dann lege deine Hände auf den Unterbauch, schließe deine Augen, atme tief ein und stelle dir beim Ausatmen vor, dass ein ganz helles Licht zu deinen Händen/deiner Gebärmutter/deinem Baby fließt. Vielleicht spürst du dann auch, dass unter deinen Händen Wärme entsteht. Schick diese angenehme Wärme zu deinem Baby und deiner Gebärmutter. Wenn du möchtest und es dir emotional möglich ist, dann kannst du dir vorstellen, dass das Licht, das zu deinem Baby fließt, direkt aus deinem Herzen kommt.

    Kurz noch etwas Medizinisches zur Beruhigung: Sehr viele Frauen haben in der Schwangerschaft Hämatome, die sich bald wieder auflösen (genauso wie Blutergüsse an anderen Stellen des Körpers) und keinerlei Auswirkungen auf das Baby haben. Auch Zwicken, Stechen und Ziehen sind gerade am Anfang der Schwangerschaft ein gutes Zeichen, weil die Gebärmutter wächst und das nicht immer sehr angenehm ist.

    Ich wünsche dir von Herzen, dass du deine Schwangerschaft genießen kannst und in einigen Monaten dein Baby im Arm hältst.

    Alles Liebe,

    Sabine
    Novembernüsschen
  • Liebe Sabine,

    danke für deine tollen Empfehlungen zum Beitrag von Novembernüsschen!

    Ich würde dich auch um ein paar Ideen bitten... bei mir geht es um die geplante Folgeschwangerschaft bei Neugeborenentod (10 Lebenstag) nach völlig unauffälliger Schwangerschaft und medizinisch indizierter, geplanter Sectio...

    Für unseren ersten, gesunden Sohn hatten wir eine lange Kinderwunschreise, beim zweiten hat es zügig geklappt- bis er dann gestorben ist...

    Jetzt stehen langsam wieder die Zeit der ICSi Transfers an und ich hab echt Angst - vor allem - davor, dass es gar nicht mehr klappt und davor, dass es klsppt und ich eine sehr angstbehaftete Schwangerschaft durchleben werde... (Sorge vor Fehlgeburt, schweren Fehlbildungen, Frühgeburt, Prom (hatte ich in der ersten SS) und natürlich dass unser "gesundes" Baby wieder sterben muss...

    Wir haben uns natürlich gut um die Traueraufbereitung mit Zeremonie, viel reden, therapeutischer Begleitung und Selbsthilfegruppe gekümmert, aber die Angst bleibt...

    Ich würde mich sehr über Ideen oder auch Literaturempfehlungen freuen!

    Liebe Grüße, Stefanie
  • Liebe Sabine.

    Ich werde heute Abend mit meinem Partner reden und dann planen wir welche Abschiedszeremonie es werden wird.
    Deine Vorschläge werde ich auf jeden Fall umsetzen und hoffe so wieder ein bisschen ruhiger zu werden

    Und ich bedanke mich ganz herzlich dass du dir die Zeit genommen und so ausführlich geantwortet hast.

    Liebe Grüße


    Sabine_Jirecek
  • bearbeitet 2. 05. 2023, 21:49
    Liebe Stefanie,

    deine Geschichte berührt mich sehr und ich möchte dir sagen, wie unendlich leid es mir für euch tut! Das, was ihr durchmachen musstet, ist wohl der größte Albtraum, den man sich vorstellen kann.

    Was war denn der Grund für den Tod eures Sohns? Hatte er eine Infektion? Oder eine angeborene Erkrankung, von der man vorher nichts wusste?

    Ich bin mir sicher, dass ihr psychologisch gut begleitet wurdet und alles getan habt, um den Trauerprozess so gut wie möglich zu gestalten. Ich glaube daher, dass du in diese Richtung keine Tipps mehr von mir brauchst.

    So schwer ein Schicksalsschlag auch ist, ist es aus meiner Sicht enorm wichtig, das Schicksal anzunehmen, um wieder wirklich frei sein zu können. Aus weltlicher Sicht ist das sehr schwer bis überhaupt nicht möglich, denn was gibt es für eine vernünftige Erklärung dafür, dass euch so etwas passieren musste. Absolut keine, das ist nur der reinste Horror! Deswegen möchte ich dir meine Vorstellung nahebringen, die mir selbst schon in einigen schweren Phasen des Lebens weitergeholfen hat. Falls es für dich kompletter Blödsinn ist, vergiss es bitte einfach wieder.
    Ich glaube daran, dass sich Seelen, bevor sie auf der Erde inkarnieren, genau überlegen, welche Erfahrungen sie sammeln möchten und welche Erfahrungen dadurch auch ihr Umfeld zu machen hat. Wenn man davon ausgeht, dass es die nötige Erfahrung für euer Baby war, nach kurzer Zeit wieder zu gehen, dann fällt es vielleicht leichter, damit Frieden zu schließen.

    Nun aber zu konkreten Dingen, die du machen könntest. Versuche noch vor der nächsten ICSI in dich hineinzuspüren, ob du dir selbst irgendwelche Vorwürfe machst, weil das passiert ist. Rein rational ist die Antwort darauf natürlich NEIN, weil du ja überhaupt nichts dafür kannst. Wir sind aber nicht immer rational und als Mutter neigt man dazu, sich prinzipiell für alles, was mit den eigenen Kindern zu tun hat, verantwortlich zu fühlen. Wenn du also ein Gefühl von Schuld in dir spürst, vergib dir. Das ist nicht einfach, denn wir sind meistens mit allen anderen Menschen nachsichtiger als mit uns selbst. Einfacher geht es mit inneren Bildern, die direkt das Unterbewusstsein erreichen und dafür würde ich dir folgende Übung vorschlagen: Nimm dir ein bisschen Zeit, such dir einen gemütlichen Ort und schau, dass du nicht gestört wirst. Setze oder lege dich bequem hin und atme tief in deinen Bauch ein und genauso lange wieder aus. Wenn du merkst, dass du dadurch nach ein paar Minuten entspannt bist, stell dir vor deinem inneren Auge einen heilenden Garten vor. Schau mal, welche Bilder sich dir zeigen, wenn du ganz bewusst darauf achtest, dass dein Garten heilend ist. Wenn das Bild deines Gartens für dich passt, dann such dir dort einen gemütlichen Platz zum Ausruhen. Während du dich ausruhst, siehst du ein funkelndes Licht irgendwo zwischen den Blumen, Sträuchern oder Bäumen (je nachdem wie dein Garten aussieht). Wenn du näher hinschaust, erkennst du, dass dieses Licht von einem Zauberspiegel kommt, in dem die Sonne glitzert. Du schaust in den Spiegel hinein und siehst dein Spiegelbild, das dich freundlich anlächelt und mit dir zu sprechen beginnt. Es erzählt dir, dass das der 'Spiegel der Vergebung' ist und dass der Spiegel alles vergeben kann, was vergeben werden muss. Nimm dir ein bisschen Zeit und erzähle deinem Spiegel von deiner Erfahrung. Die ganze Zeit während du erzählst, sieht dich dein Spiegelbild freundlich und liebevoll an. Die Augen sind mit Güte gefüllt. Es versteht dich voll und ganz. Und wenn du fertig bist mit deiner Erzählung, sagt dein Spiegelbild zu dir, dass alles vergeben ist. Bleib danach noch ein bisschen in dem heilenden Garten und genieße das leichte und freie Gefühl, weil dir vergeben wurde.


    Es ist so gut und wichtig, dass du ein gesundes Kind hast. Auch wenn du in der SS mit deinem ersten Sohn einen vorzeitigen Blasensprung hattest, hat im Endeffekt trotzdem alles funktioniert. Du weißt also, dass es geht! Und nachdem auch in der 2. SS bis zur Geburt alles gepasst hat, kannst du vor deinem kommenden Therapiebeginn, auf diese positiven Zellerinnerungen zurückgreifen.
    Dafür könntest du dir jeden Tag ein bisschen Zeit nehmen und ab Therapiebeginn ein paar Minuten in deinen Körper gehen. Während der Stimulation kannst du Kontakt zu deinen Eierstöcken aufnehmen und dir vorstellen, wie die Eibläschen wachsen. Weder die Eierstöcke noch die Eibläschen müssen 'echt' aussehen. Schau mal, welche Bilder sich dir zeigen. Vielleicht siehst du einen Baum, auf dem Äpfel wachsen. Oder sonst irgendwas, völlig egal. Was du siehst, ist richtig und gut für dich. Dann sag deinen Eierstöcken, dass sie sich daran erinnern sollen, wie das zuletzt war, als es gut geklappt hat und dass sie es genauso wieder machen sollen. Nach der Punktion kannst du dich dann deiner Gebärmutter widmen (auch da ist es wieder völlig egal, ob sie anatomisch richtig aussieht oder ganz anders) und sie gemütlich einrichten wie ein Zuhause für ein Baby, das die nächsten Monate da wohnen wird. Erinnere auch die Gebärmutter daran, dass sie weiß, wie es geht. Wenn der Transfer stattgefunden hat, kannst du das Baby in deiner Gebärmutter richtig platzieren und schauen, ob alles passt.

    Wenn du das Gefühl hast, dass deine Sorgen und Ängste nach dem Transfer zu quälend sind, dann nimm dir 'Sorgenminuten'. Das funktioniert so, dass du eine fixe Zeit festlegst (z.B. von 19.00 Uhr bis 19.15 Uhr), in der du dich sorgen darfst. Alle Sorgen, die außerhalb der Zeitspanne aufkommen, blockierst du, indem du dir ein imaginäres STOPP-Schild vorhältst. Schreib sie dir aber auf einen Zettel. In deinen Sorgenminuten holst du den Zettel und sorgst dich der Reihe nach durch deine Sorgen durch. Versuche wirklich die ganzen Sorgenminuten bei der Sache zu bleiben. Ziemlich sicher wird dir extrem langweilig dabei werden, weil wahrscheinlich die Sorgen immer die gleichen sind und es ohnehin keine sinnvolle Antwort darauf gibt. Nach und nach verliert man das Interesse an seinen Sorgen. Das klingt komisch, ist aber wirklich so. Wenn wir uns hingegen den ganzen Tag hindurch sorgen, fällt uns das nicht so auf, weil wir uns ja immer nebenbei sorgen. Dadurch sind wir nicht gegenwärtig bei unserer eigentlichen Tätigkeit und das Leben läuft so irgendwie an uns vorbei. Und die Sorgen haben eine unglaubliche Dominanz, weil sie uns permanent quälen.

    Ich hoffe, das hilft dir vorerst ein bisschen weiter! Bitte melde dich jederzeit gerne wieder!!

    Alles Liebe und Gute für euch!
  • Liebe Sabine!

    Erst mal vielen Dank für die ausführliche und echt tolle Antwort! Deine Tips konnten mich wirklich sehr zum schmunzeln bringen, weil gerade die "nebenbei Sorgen" sehr auf mich zutreffen!!

    Mein Mann sieht das mit der Seele ganz ähnlich wie du und es hilft ihm sehr... ich wär da oft gerne etwas spititueller und weniger ein Kopfmensch... das mit Schicksal annehmen und "ziehen lassen" geht zum Glück ganz ok...

    Ich werde die Imaginationen auf jeden Fall ausprobieren!

    Raphael ist leider an einem Leberversagen bei nicht ordentlich angelegten Hepatozyten verstorben... warum das so war und woran es liegt konnten leider niemand herausfinden, obwohl Pädiater, Genetiker, Gynäkologen und sonst noch ein paar Fachdisziplinen alles erdenkliche untersucht haben- im Endeffekt war es wohl eine "sehr doofe" Laune der Natur...

    Ich möcht mich nochmal herzlich bedanken - echt toll, dass du uns für dich recht komplizierte Herzensfragen zur Verfügung stehst!

    Glg, Stefanie
  • bearbeitet 3. 05. 2023, 11:33
    Liebe Stefanie,

    ich freue mich, dass ich dir ein bisschen weiterhelfen konnte!

    Dass Hepatozyten nicht ordentlich angelegt sein können und damit zu einem Leberversagen führen, hab ich noch nie gehört. Das ist ja wirklich ein unfassbares Pech :'(
    Hilft es dir eigentlich in Hinblick auf ein weiteres Baby, dass die Todesursache etwas war, was eine absolute Rarität ist? Also ich meine dahingehend, dass die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas noch einmal passiert, praktisch nicht existent ist.

    Ich habe gestern Abend noch viel über eure Geschichte nachgedacht und mir ist ganz stark der Gedanke gekommen, dass zwar bestimmt Angst vorhanden ist, dass in einer neuerlichen SS oder nach der Geburt mit dem Baby etwas passieren könnte, dass diese Angst aber nicht so groß ist, dass sie euch von einem weiteren Kind abhält. Ihr könntet euch ja auch denken, dass es euch nach dieser Erfahrung reicht und ihr zufrieden seid mit eurem Sohn, den ihr schon habt. Das heißt also, dass euer Wunsch und euer Mut größer sind als die Angst und genau wie ich es bei Novembernüsschen schon geschrieben habe, finde ich in eurer Situation noch mal mehr, dass ihr die positive Emotion überwiegen lassen solltet. Wenn ihr schon bewusst noch einmal diesen Weg geht, dann geht ihn voller (Vor)Freude.

    Du hast mich zuletzt nach Literaturempfehlungen gefragt. Ehrlich gesagt finde ich die meisten Bücher zum Thema Kinderwunsch nicht aufregend. Ganz gut gefällt mir von Birgit Zart 'Gelassen durch die Kinderwunschzeit'. Sie arbeitet mit Hilfe der Emotionalkörper-Therapie, einer Therapieform, in der es darum geht, Gefühle anzunehmen und dadurch ein inneres Gleichgewicht herzustellen.
    Vielleicht hat jemand anderer, der hier mitliest, einen guten Buch-Tipp? Würde mich auch interessieren...

    Du hast geschrieben, dass du ein Kopfmensch bist. So wie du schreibst, kommst du aus dem medizinischen Bereich, oder? Ich finde, dass man in den naturwissenschaftlichen Ausbildungen sehr stark zum Kopfmenschen wird, weil ja grundsätzlich alles Sinn macht, wie es die Naturwissenschaft erklärt. Ich war auch der größte Kopfmensch, bis mich gewissen Umstände dazu gezwungen haben, meine Einstellung zu hinterfragen/ändern, weil ich es sonst schwer ertragen hätte. Wenn es dir gelingt, dein Schicksal anzunehmen und ziehen zu lassen, dann ist das großartig, denn das finde ich rein vom Kopf her extrem schwer.

    Ganz liebe Grüße,

    Sabine
  • Hallo Sabine ,
    Ich wollte fragen ob du weißt ob ein Embryo an Qualität einbüßt, je länger er eingefroren bleibt? Meine Tochter ist beim 1. Ivf versuch entstanden, das zweite Ei wurde eingefroren. Sie wird bald 1 , und ich möchte eigentlich gern noch ein paar Jahre warten bis zum nächsten Kind. Außer es wäre besser, die Blasto bald zu verbrauchen .
    (Unser Arzt war übrigens Dr. Jirecek, seid ihr verwandt ?)
  • Liebe Carina,

    für die Qualität des Embryos ist es egal, wie lange er eingefroren bleibt. Entscheidend ist, wie die Qualität vor dem Einfrieren war und wie gut der Aufwärmprozess funktioniert. Ihr könnt euch also ruhig noch Zeit lassen mit dem nächsten Kind.

    Ja, Stefan ist mein Mann :) Lustig, dass ihr bei ihm wart!

    Alles Liebe,

    Sabine
  • @Sabine_Jirecek
    hallo ☺️

    Ich habe zwar keine Frage, finde es aber super dass es diesen Thread gibt und deine Antworten finde ich toll. Auch wenn einem sowas noch nicht passiert ist ( Fehlgeburt, Kindestod) nimmt man viel mit.
    Danke dafür ♥️
  • @annam schau mal, vielleicht kannst du dir hier von Dr.Js Frau was mitnehmen damit du positiv gestimmt bleibst in der Schwangerschaft!
  • @alienwunsch

    Vielen Dank für deine Rückmeldung <3
    alienwunsch
  • Liebe Sabine,

    ich hoffe, es ist noch nicht zu spät, meine Frage zu stellen. Wir basteln zurzeit an unserem 1. Baby.

    Ich bin nicht schwanger, aber mich beschäftigten bereits vor Eintritt der Schwangerschaft meine Ängste vor der Geburt. So weit, dass wir bereits vor dem Basteln 2021 an online-Infoabenden von Geburtskliniken teilgenommen hatten und Fragen zur PDA gestellt haben. Für mich steht fest, dass ich bei der Schmerzbewältigung der Geburt die medizinischen Möglichkeiten nutzen möchte.

    Ich möchte gerne auch Hypnobirthing-Techniken erlernen, aber diese nur in Ergänzung zur PDA und nicht anstelle. Wird es deiner Erfahrung nach gemacht, dass Frauen gleichzeitig zur PDA auch Hypnobirthing betreiben?

    Selbst wenn ich mit meinen Ängsten mit der Zeit umzugehen lerne, (ich habe schon Bücher durchgearbeitet und denke eine Therapie an), bleibt mir folgender Gedanke:

    Auch wenn ich es schaffe, im Vorfeld Ängste abzubauen, ändert das nichts daran, wie schlimm die Schmerzen bei der Geburt dann tatsächlich sein werden.
    Ich habe zum einen und hauptsächlich Angst vor den körperlichen Schmerzen (bin untenrum so sensibel, dass ich von jedem Frauenarztbesuch blute, auch vom regulären PAP-Abstrich.)

    Zum anderen davor, dass das Personal (in meinen Augen) unsensibel mit einem umgeht. Bin ganz allergisch darauf, wenn jemand, der keine Schmerzen hat, zu einem Patienten sagt: "Ach das geht schon noch, das ist zum Aushalten." Das empfinde ich nicht als Aufmunterung sondern abfällig und als Abtuns des eigenen Empfindens.
    Dazu kommt, dass jeder weiß, dass "sobald das Baby da ist, ist alles vergessen." Ich habe Sorge, dass dies ein Freifahrtschein für einen unsensiblen und groben Umgang während der Geburt ist.

    Ich habe gelesen, dass es in Österreich Usus ist, dass die PDA vor den Presswehen abgedreht wird, und man unter Umständen also in kürzester Zeit von erträglichen auf extremste Schmerzen hochfährt.

    Wird das in Österreich immer und überall gemacht, oder kann auf Patientenwunsch die PDA weiterlaufen, bestenfalls bis zu den Nachwehen?

    Ich freue mich über eine Antwort wie ich mit dieser Situation umgehen kann und gerne auch über Empfehlungen zum Schmerzmanagement.

    Danke im Voraus und liebe Grüße!

  • Liebe Narya,

    du bist nicht zu spät, ich freu mich sehr, dass noch jemand schreibt! Vielen Dank für deine Nachricht!

    Es tut mir total leid für dich, dass du schon bevor du überhaupt schwanger bist, Angst vor der Geburt hast! Ich kann dich aber trösten, du bist damit nicht alleine, es geht vielen Frauen so und ich finde es super, dass du bereits Bücher liest und eine Therapie andenkst, um mit deinen Ängsten umgehen zu lernen.

    Nun zu deiner Frage bezüglich PDA und HypnoBirthing: HypnoBirthing ist grundsätzlich eine sehr coole Sache, weil die Idee dahinter die ist, dass man sich mit Hilfe von Selbsthypnose und Atemtechniken in einen entspannten Zustand begibt. Entspannung führt zur Ausschüttung von Endorphinen und Endorphine sind natürliche Schmerzmittel (sie werden daher auch als natürliche Morphine bezeichnet). Hinter HypnoBirthing steckt aber eine ganze Philosophie, die aus meiner Sicht ziemlich unflexibel ist. Medizinische Hilfe wird zwar angenommen, wenn sie für Mutter und/oder Kind nötig ist, grundsätzlich sollte aber alles so natürlich wie möglich bleiben. Wenn du also automatisch zu Beginn der Geburt eine PDA haben möchtest, dann würde das vermutlich nicht der Philosophie von HypnoBirthing entsprechen.
    Wenn du mich aber fragen würdest, ob sich Entspannungstechniken/Selbsthypnose/Atemtechniken mit einer PDA kombinieren lassen, dann wäre meine Antwort ganz klar JA. Du wärst dadurch sehr fokussiert, in dir ruhend und mit deinem Baby verbunden. Und wenn du zusätzlich zur PDA noch ein paar Endorphine im Körper hast, dann schadet's auch nicht.
    Du kannst dir ja das HypnoBirthing-Buch durchlesen, die Übungen daraus machen, vielleicht sogar einen Kurs machen und von der Philosophie das übernehmen, was dir gefällt. Ob eine PDA laut HypnoBirthing gut ist oder nicht, kann dir völlig egal sein. Hauptsache, es passt für dich!

    Dass eine PDA bei den Presswehen automatisch abgedreht wird, stimmt nicht. Eine gut gesetzte PDA sollte so sein, dass die Schmerzen weg sind, man aber trotzdem noch in der Lage ist, mitzumachen. Das fühlt sich dann so an, dass du einen Druck nach unten spürst, es aber nicht weh tut. Bei einer perfekten PDA kannst du sogar in der Hocke gebären. Die PDA bleibt dann natürlich auch während der Nachwehen und solange bis Geburtsverletzungen genäht sind (sollte es welche geben) aufrecht. Tatsächlich ist es aber leider wirklich so, dass nicht alle Anästhesisten gleich gut stechen können. Wie in anderen Berufen gibt es da bessere und schlechtere.

    Nachdem du Angst davor hast, dass man nicht einfühlsam genug mit dir umgeht, würde ich an deiner Stelle unbedingt eine Wahlhebamme nehmen. Dann hast du im Vorfeld Zeit, eine Verbindung aufzubauen und kannst entscheiden, ob du mit der Art der Hebamme bei der Geburt zurechtkommen würdest. Man merkt ja meist schon im Kennenlerngespräch gut, ob einem das Wesen einer Person entspricht oder nicht. Der Vorteil bei einer Wahlhebamme wäre auch der, dass du immer die gleiche Hebamme hast und keinen Schichtwechsel erlebst, falls die Geburt ein bisschen länger dauern sollte. Außerdem wechselt die Hebamme nicht zwischen den Kreißsälen, weil du dann ja die einzige Frau bist, die sie gerade betreut.

    Du hast mich nach einer Empfehlung für's Schmerzmanagement gefragt: Nachdem es die Angst - Spannungs - Schmerz- Spirale gibt, ist der nachhaltigste Weg bestimmt der, dass du an deiner Angst arbeitest. Eine Angst im Kopf auch ohne reale Bedrohung, die die Angst rechtfertigen würde, reicht aus, um in deinem Körper Adrenalin auszuschütten. Adrenalin ist für den Körper das Signal dafür, dass er in Gefahr ist und kämpfen muss. Die Durchblutung geht vor allem zu Herz, Lunge, Armen und Beinen, um flüchten oder kämpfen zu können. Die Gebärmutter und auch der Verdauungstrakt werden nicht mehr ausreichend durchblutet, denn Fortpflanzung und Verdauung sind während eines Kampfes nebensächlich. Dadurch dass die Gebärmutter nicht mehr gut durchblutet ist, wird sie angespannt und das wiederum verursacht Schmerz. Ich will nicht sagen, dass die Geburt überhaupt nicht weh tut, wenn man entspannt ist, aber die Kombination aus Endorphinen und gut durchbluteter Gebärmutter lindert den Schmerz deutlich.
    Behalte dir die Option der PDA auf jeden Fall, das gibt dir Sicherheit. Vielleicht ergibt es sich, nachdem du eine Therapie gemacht hast oder deine Ängste auf andere Weise unter Kontrolle bekommen hast, dass du sie gar nicht mehr brauchst. Und wenn doch, ist es auch gut, dafür gibt es sie ja.

    Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass du deine Schwangerschaft, wenn es dann soweit ist, genießen kannst und eine schöne Geburt erlebst!

    Alles Liebe,

    Sabine



  • Liebe Sabine,
    Tausend Dank für deine sehr einfühlsame und ausführliche Antwort!

    Davon kann ich viel mitnehmen, zB auch den guten Hinweis, dass man Hypnobirthing-Techniken erlernen und anwenden kann, ohne sich der Philosophie komplett zu verschreiben.

    Ich werde mir deinen konstruktiven Post in den nächsten Wochen immer wieder mal durchlesen. Ich fühle mich sehr verstanden und ernstgenommen.
    Danke!
  • bearbeitet 11. 05. 2023, 09:42
    Ich freu mich, dass du was von meiner Antwort mitnehmen konntest!
    Ängste sind grauslich und keiner hat sie freiwillig, von daher finde ich es ganz wichtig, dass man damit ernstgenommen wird! Auch das Thema Schmerzempfindlichkeit muss man ernst nehmen, jeder Mensch empfindet Schmerz anders. Manchen tut die eingerissene Nagelhaut weh und andere spüren nicht einmal einen Blinddarmdurchbruch. Es reagiert ja auch nicht jeder gleich auf Lärm, Licht und andere Reize. Machen ist es egal, manche ertragen es überhaupt nicht. Falls du generell das Gefühl hast, eher empfindlich zu sein, kann ich dir das Buch 'Zwischen Begabung und Verletzlichkeit - Leben mit Hochsensibilität' von Antje Sabine Naegeli empfehlen. Es geht darin darum, dass man zwar vielleicht ein bisschen anders ist, als Menschen, die nicht so viel empfinden, dass dahinter aber auch ein großes Potential steckt.

    Mir ist noch etwas eingefallen, was ich dir gerne zu deiner Entscheidung für eine PDA mitgeben möchte. Höre und spüre immer ganz genau in dich hinein, was für dich (und später auch für dein Kind) am besten ist. Man wird in der Schwangerschaft und auch danach mit Baby von allen Seiten mit Überzeugungen zugeschüttet, die meistens sehr streng und unumstößlich sind. Das geht von Hausgeburt bis geplantem Kaiserschnitt, 3 Jahre lang stillen oder gleich Abstillen bis hin zu Familienbett oder Hardcore-Schlaftraining. Es gibt nicht den allgemein richtigen Weg, also mach das, was sich für dich richtig und gut anfühlt, denn letztlich bist du es auch, die es vor dir selbst und dem Kind vertreten können muss.

  • liebe sabine, ich bin auch etwas spät dran aber darf ich bitte noch mein anliegen vorbringen.
    ich/wir sind bereits seit 5 jahren auf der kinderwunschreise (auch schon mit med hilfe) und es kommen immer öfter die gedanken/ängste, das ich nie schwanger werde.
    gibt es eine methode wie ich das vertrauen in mich/welt stärken kann das alles gut wird? kannst du eine angeleitete meditation oä empfehlen?
    danke & viele grüße yasmin
  • Liebe Yasmin,

    vielen Dank für deine Nachricht! Ganz klar, dass dir nach 5 Jahren Kinderwunschreise der Gedanke kommt, dass du vielleicht nie schwanger werden könntest! Nach so langer Zeit ist es enorm schwer, sich nach jedem Fehlversuch immer wieder auf's Neue zu motivieren.

    Ich finde deine Formulierung sehr schön '.... wie ich das Vertrauen in mich/die Welt stärken kann, dass alles gut wird'. Ich weiß nicht, ob du es so gemeint hast, aber '...dass alles gut wird' bedeutet nicht zwangsläufig, dass du auch schwanger wirst. Wenn du tatsächlich den Gedanken verinnerlichen könntest, dass alles gut werden kann, auch wenn du nicht schwanger werden würdest, würde das viel Druck nehmen. Damit würdest du ein Vertrauen erlangen, dass dich wirklich frei macht. So hart das klingt und so traurig es ist, es kann wirklich niemand zu 100 Prozent sagen, dass man schwanger wird (auch nicht mit Unterstützung der Reproduktionsmedizin). Wenn du also darauf vertraust, dass du irgendwann auf jeden Fall einmal schwanger wirst, dann ist das ein Ziel, dem du hinterherrennst, das du aber nicht sicher erreichen wirst. Jeder negative Schwangerschaftstest würde dich glauben lassen, dass es an dir liegt, dass es nicht klappt und dich von Monat zu Monat mehr an dir zweifeln lassen. Wenn du hingegen darauf vertraust, dass das passiert, was für dich gut ist (egal ob schwanger oder nicht), dann liegt die Verantwortung nicht bei dir und es fällt eine große Last ab.

    Angeleitete Meditationen kenne ich leider keine, aber ich kann dir 2 mögliche Meditationen empfehlen, die du selbst zu Hause machen kannst. Beide sind dafür da, deinen Körper tief zu entspannen und zu nähren, denn nach so langer Zeit ist man häufig komplett ausgelaugt. Zusätzlich dazu helfen sie, dem eigenen Körper wieder mehr zu vertrauen, weil man ihn bewusster und gereinigter wahrnimmt.

    Version 1 geht so: Du machst es dir bequem und schaust, dass du nicht gestört wirst. Dann beobachtest du deinen Atem und achtest darauf, dass du immer mehr in Richtung Bauch atmest. Wenn dich die tiefe Bauchatmung nach ein paar Minuten beginnt zu entspannen, stellst du dir vor, dass um deinen Körper herum ein Luftkissen ist. Von oben strahlt die Sonne auf das Luftkissen und erwärmt die Luft um dich herum auf eine Temperatur, die für dich perfekt ist. Das Licht und die Wärme der Sonne helfen dir dabei, dich noch mehr zu entspannen. Das Licht der Sonne wird ein weißer Strahl und hüllt dich in einen Kokon aus weißem, weichem Licht. Bei jedem Einatmen stellst du dir vor, dass du durch deine Haut das weiße, reinigende Licht einatmest. Beim Ausatmen lässt du dich noch tiefer in die Entspannung fallen. Nach und nach wird jede Zelle deines Körpers durch das heilende Licht gereinigt. Wenn du das Gefühl hast, dass dein Körper in diesem Licht strahlt, dann geh weiter zu deinem Geist. Stell dir vor, dass das reinigende Licht deinen Geist von allen Blockaden und Erinnerungen befreit. Wenn dir bildlich eine Erinnerung vor dem inneren Auge erscheint (z.B. der letzte neg. SS-Test), dann lass das helle Licht so lange in deine Gedanken kommen, bist du das Bild nicht mehr sehen kannst, weil es dich so blendet. Wenn Körper und Geist gereinigt sind, dann spüre die Verbindung zur Quelle des Lichts und spüre in diesem Gefühl der Geborgenheit, dass du Teil eines großen Ganzen bist. Das gibt dir ein Gefühl der Ruhe und des inneren Friedens.
    Wenn du das öfters machst, dann bekommst du ein bisschen Abstand zu deiner ganzen Vorgeschichte und du fühlst dich nicht ständig als die Frau, bei der es schon seit 5 Jahren nicht klappt. Dadurch bist du beim nächsten Versuch entspannter und auch wieder zuversichtlicher.

    Version 2 wäre diese: Der Anfang ist gleich, du machst es dir bequem, Bauchatmung etc. Achte aber bei dieser Übung darauf, dass du nicht liegst, sondern gemütlich sitzt und beide Füße am Boden stehen. Richte deine Aufmerksamkeit ganz intensiv auf deine Füße und stell dir vor, dass aus der Erde ein wunderschönes grünes Licht herauskommt und direkt in deine Fußsohlen fließen kann. Deine Fußsohlen nehmen dieses nährende, pulsierende und beruhigende grüne Licht auf, das tief aus der Erde herauskommt. Mit jedem Atemzug nimmst du ein bisschen mehr von dem Licht auf. Langsam steigt das pulsierende, nährende grüne Licht von deinen Füßen nach oben und erreicht deine Beine, dann weiter dein Becken, deinen Bauch und es geht Wirbel für Wirbel deinen Rücken entlang zum Kopf. Dann fließt es über dein Gesicht hinunter zu deinem Hals, erreicht deine Brust, deine Arme und schließlich deine Hände. Jeder Atemzug lässt das grüne Licht noch mehr in deinem Körper pulsieren und du spürst die Lebenskraft, die aus der Erde kommt. Fühle die Lebenskraft, die in deinem Körper pulsiert und das dadurch entstehende Gefühl von Geborgenheit und Stärke.
    Durch die Verbindung mit der Natur und dieser grünen Energie der Erde, spürt dein Körper die Fruchtbarkeit und saugt sie in sich auf.

    Wenn du gerne angeleitete Meditationen magst, dann kannst du das, was ich oben nur schemenhaft und recht kurz beschrieben habe, ein bisschen ausschmücken und als Sprachmemo aufnehmen. Es ist zwar anfangs meistens recht unangenehm, wenn man die eigene Stimme hört, aber nach ein paar Minuten blendet man das in der Regel aus und kann sich gut konzentrieren.

    Bei lange bestehendem unerfülltem Kinderwunsch hilft es, wenn man einen Plan B hat. Ich kenne deine Geschichte nicht, daher weiß ich nicht, wie weit ihr in der Therapie schon seid. Möglichkeiten für einen Plan B wären z.B. die Eizellspende, wenn die Eizellreserve erschöpft ist, Samenspende bei schlechter Spermienqualität, Leihmutterschaft, Pflegekind, Adoption... Das heißt noch lange nicht, dass man das alles auch wirklich in Anspruch nehmen muss, aber es gibt einem das Gefühl, dass man nicht komplett in einer Sackgasse ist.

    Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen, auch wenn die Antwort jetzt nicht ganz so konkret war, weil ich nichts Näheres von dir weiß. Ansonsten schreib mir gerne noch einmal.

    Alles Liebe,

    Sabine

    alienwunsch
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