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Kaiserschnittgeburten - Ein falscher Trend?

Seit dem Jahr 2000 ist die Kaiserschnittrate in Österreich um 12,4 Prozent gestiegen, im Schnitt erblickten auf heimischen Geburtenstationen 2012 29,4% aller Kinder per Kaiserschnitt das Licht der Welt. Diese Zahlen wurden vor kurzem vom Wiener Programm für Frauengesundheit und dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) veröffentlicht. Österreich bestätigt damit einen europaweiten Trend. Eine Sectio Caesarea, wie der Kaiserschnitt in Fachkreisen genannt wird, gehört mittlerweile wie selbstverständlich zu den Routinen der modernen Geburtshilfe.

Bauch einer Frau mit Kaiserschnittnarbe

In Notfällen oder bei entsprechender medizinischer Indikation ist die Schnittentbindung oft der einzige Weg, um schwerwiegenden Komplikationen vorzubeugen und Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Immer häufiger entscheiden sich Schwangere jedoch auch ganz bewusst für einen Kaiserschnitt. Die Angst vor dem Geburtsschmerz oder traumatische Erlebnisse vorangegangener Entbindungen spielen dann im Entscheidungsprozess eine große Rolle.

Debatte

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) reagiert auf die steigende Kaiserschnittrate. Sie empfiehlt deren Anteil auf 10%-15% zu senken. Eine Schnittentbindung sollte nur dann veranlasst werden, wenn eine natürliche Geburt zu riskant oder nicht möglich ist (z.B. bei einer Plazenta Praevia, einer Erkrankung der Mutter oder Querlage des Kindes). Zumindest in diesem Punkt sind sich GynäkologInnen und Hebammen einig. Ansonsten gehen die Ansichten der Kaiserschnitt-Befürworter und Gegner jedoch weit auseinander. Die einen argumentieren mit einer besseren Planbarkeit und größtmöglicher medizinischer Sicherheit. Die anderen warnen vor Problemen beim Bonding, Stillschwierigkeiten und unterschätzen Langzeitfolgen einer Schnittentbindung. Den fragwürdigen Höhepunkt erreicht die Debatte zweifelsohne, wenn es um scheinbar ästhetische Gesichtspunkte geht. Unter dem Motto „Save the love channel“ – „Rette deinen Liebeskanal“ werden die positiven Effekte des Kaiserschnitts auf das Sexualleben nach der Geburt gelobt. Der „Lustkanal“ bleibt unversehrt, die Vagina sozusagen „in Form“.   

Wunschkaiserschnitt

In Südamerika oder den USA ist der Kaiserschnitt mittlerweile viel mehr als ein medizinischer Eingriff. Er ist ein Statussymbol. Natürlich gebären nur jene Frauen, die sich die operative Geburt nicht leisten können. Für alle anderen liegen die Vorteile einer Schnittentbindung auf der Hand: sie lässt sich im Gegensatz zur natürlichen Geburt planen, der Geburtskanal bleibt verschont, eine aktive Mithilfe der Gebärenden ist nicht erforderlich. Dass es sich bei einem Kaiserschnitt um eine nicht unerhebliche Bauchoperation handelt, die mit den üblichen Risiken für Infektionen und andere Komplikationen einhergeht, wird dabei gerne vergessen. Auch in österreichischen Krankenhäusern steigt die Nachfrage nach Wunschkaiserschnitten. Zugrundliegendes Motiv ist dabei jedoch Angst und weniger statusorientiertes Denken. Eine aktuelle Studie zum psychosozialen Einfluss von Geburtsmethoden der Stadt Wien (in Kooperation mit dem Wiener Krankenanstaltenverbund) bestätigt eine höhere Kaiserschnittrate bei jenen Frauen, die Angst vor dem Geburtsschmerz haben.

Medizinische Vorteile

Geraten Mutter oder Kind unter der Geburt in eine Notsituation z.B. schlechte Sauerstoffversorgung des Kindes, massive Verschlechterung der Herztöne, ist ein Kaiserschnitt eine unumgängliche lebensrettende Maßnahme. Leidet eine Schwangere unter massiven Ängsten und fürchtet sie, die natürliche Geburt nicht bewältigen zu können, macht ein Kaiserschnitt unter Umständen Sinn. Denn die Einstellung der Frau ist für eine erfolgreiche vaginale Entbindung entscheidend. Angst- und Panikzustände können die Wehentätigkeit hemmen und zu einem gefährlichen Geburtsstillstand führen. Bei ihrer Entscheidung für oder gegen einen Wunschkaiserschnitt sollten Schwangere jedenfalls bedenken, dass die Schmerzen hier lediglich auf die Zeit nach der Geburt (Wundschmerz) verlagert werden. Aus Sicht des österreichischen Hebammengremiums sollte die Geburtsmedizin also versuchen, Frauen die Angst vor dem Schmerz einer natürlichen Entbindung zu nehmen und gleichzeitig umfassend über Möglichkeiten der Schmerzlinderung (PDA, alternative Methoden z.B. Akupunktur, Atemtechniken) aufklären.

Gesundheitliche Risiken

Ein Kaiserschnitt ist ein Routineeingriff, dennoch bestehen wie bei jeder Operation gewisse Risiken (Blutungen, Infektionen, verzögerte Wundheilung). Die Mutter-Kind-Bindung entwickelt sich verzögert (da die Mutter direkt nach der Operation versorgt werden muss), dadurch kommt es häufiger zu Problemen beim Stillen.  Zahlreiche Studien weisen überdies auf die gesundheitlichen Auswirkungen eines Kaiserschnitts auf Babys hin. Sie leiden häufiger unter Anpassungsstörungen und tragen ein höheres Asthma- sowie Allergierisiko. 

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