Große kleine Technikwelt

Mehr als die Hälfte der österreichischen Kinder und Jugendlichen nutzt das Internet und besitzt ein eigenes Mobiltelefon. Die Kinder von heute wachsen mit neuen Medien und moderner Technik auf und können im Schulalter problemlos mit Computer, MP3-Player und Co. umgehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es bereits Digitalkameras, spezielle Computertastaturen, PC-Mäuse oder Videokameras für Kinder gibt. Doch wie früh sollten Kinder den Umgang mit der Technik lernen – sehen sie sich im Bett tatsächlich lieber ein E-Book statt einem klassischen Bilderbuch an? Und welche Kosten kommen damit auf Eltern zu?
Alles für den kleinen Technikexperten
Der Markt für technische Geräte, die speziell an die Bedürfnisse von Kindern angepasst sind, ist groß. Kinderleichte Bedienung, farbenfrohes Design und robuste Bauweise zeichnen die meisten dieser Geräte aus. Es gibt etwa kunterbunte Digitalkameras mit extra großen Haltegriffen, einfacher Menüführung und integrierten Spielen oder Musik-Playern – falls beim Fotografieren doch einmal Langeweile aufkommen sollte. Per mitgelieferter Software können die kleinen Nachwuchsfotografen ihre Bilder sogar am Computer nachbearbeiten.
Hersteller wie Fisher Price, V-Tech oder Little Tikes bieten zahlreiche dieser Modelle an und Eltern sowie Kinder scheinen gerade von Digitalkameras für junge Nutzer sehr begeistert zu sein: 2009 war das Modell Kidizoom Pro von V-Tech für Kinder ab vier Jahren das umsatzstärkste Spielzeug am gesamten deutschen Spielwarenmarkt, bestätigt der Marktforscher NPD Group Deutschland.
Ebenso wie Digitalkameras wurden Computertastaturen und PC-Mäuse an kleine Kinderhände angepasst. Statt einer grauen Maus gibt es beispielsweise Katzenköpfe oder Marienkäfer, mit denen der Cursor am Bildschirm navigiert werden kann.
Lerncomputer werden von unterschiedlichen Herstellern schon für Kinder ab drei Jahren angeboten, diese können aber meist nur zum Spielen verwendet werden. Schullaptops sind für Kinder ab fünf Jahren erhältlich, darauf befinden sich unterschiedliche Lernprogramme zum Rechnen, Schreiben oder Lernen von Fremdsprachen.
Mama, liest du mir aus dem E-Book vor?
E-Book-Lesegeräte, mit denen elektronische Vollversionen von Büchern oder Zeitungen gelesen werden können, finden auf dem europäischen Markt immer mehr Anklang. Mittlerweile gibt es neben herkömmlichen Lesegeräten für Erwachsene auch die ersten Kindermodelle wie jenes von Aiptek, das erst im Februar auf der Elektronikmesse CeBIT in Hannover vorgestellt wurde.
In einen bunten Buchumschlag gehüllt und ausgestattet mit Lautsprecher, acht Zoll Display und einem Speicher, auf dem bis zu 100 Bilderbücher Platz finden, soll es seinen Weg in zahlreiche Kinderzimmer finden. Die darauf gespeicherten Geschichten aus Kinderbüchern sind mit Audio-Sequenzen versehen, sie vereinen also zum Teil Lese- und Hörbuch. Derzeit sind die Kinderbücher für dieses Modell nur in englischer Sprache verfügbar – Übersetzungen in andere Sprachen sollen bald folgen. Abgesehen davon gibt es bei zahlreichen Online-Anbietern E-Books für andere Lesegeräte in deutscher Sprache zum Download.
Kleine Geräte – großer Preis
Doch die Kindertechnik hat ihren Preis und der ist oft höher als manche Eltern erwarten. Kinderkameras gibt es ab rund 40 Euro zu kaufen, einige Modelle befinden sich aber auch in Preisklassen von 70 Euro und aufwärts und konkurrieren daher schon mit Erwachsenenmodellen.
Selbst PC-Mäuse für Kinder kosten meist mehr als zehn Euro, ausgefallene Modelle kommen schnell auf 20 bis 30 Euro. Lernlaptops für die Kleinsten sind ab rund 30 Euro erhältlich, für ältere Kinder steigt der Preis deutlich an. Das digitale Märchenbuch von Aiptek kommt mit einem unverbindlichen Verkaufspreis des Herstellers von satten 199 Euro allerdings deutlich teurer als ein ganzer Stapel Kinderbücher.
Lehrreiches Spielzeug oder unnütze Technik?
Die zum Teil teuren Geräte sind somit nicht für alle Familien leistbar. Kritiker von Technik in Kinderhänden weisen deshalb auf mögliche Benachteiligungen hin – etwa in der Schule, wenn es um die Beherrschung neuer Technologien oder das Mithalten mit Klassenkameraden geht.
Der Psychiater und ärztliche Direktor des Universitätsklinkums Ulm, Manfred Spitzer, rät in einem Interview mit der Berliner Zeitung sogar prinzipiell von Computern für Kinder vor der Pubertät ab, auch elektronische Lernspiele wären nicht für Kinder geeignet. Spielzeug, das ohne Strom auskommt, trage dagegen wesentlich zu einem aktiven Verhalten und zu einem besseren Lernprozess bei, meint der Psychiater. Er verweist unter anderem auf Bausteine, mit denen Kinder herausfinden, wann die gestapelten Steine anfangen zu wackeln und damit die Materie besser kennenlernen.
Befürworter, darunter Pädagogen und Erziehungswissenschafter, weisen darauf hin, dass interaktive Lernprogramme und die einfache Technikhandhabung die Entwicklung der Kinder unterstützen. Diese würden auf spielerische Art den Umgang mit der Technik lernen und ihre Feinmotorik, Fantasie und andere Fähigkeiten schulen. Geht es um das Lernen, ist ein buntes, interaktives Gerät vermutlich für viele Kinder auch visuell interessanter als ein klassisches Schulbuch.
Letztendlich ist vermutlich der richtige Umgang mit Technik entscheidend für den Nutzen, den Kinder daraus ziehen können. Zudem kommt es immer darauf an, wie viel Zeit Kinder mit elektronischen Geräten verbringen, ob sie nur vor dem Computer sitzen und spielen oder auch andere Aktivitäten abseits von Lernlaptop und Co. in ihre Freizeit einbinden. Der gesunde Hausverstand sagt uns jedoch abseits der Meinung von Spezialisten der Kindesentwicklung und den schreierischen Werbekampagnen der Anbieter, dass die meisten elektronischen Medien, Geräte und Bildschirme noch lange nicht die Komplexität der Förder- und Lernwirkung für Kinder erzielen, wie ein einfacher matschiger Erdhügel auf dem Sie sich richtig austoben können.
Webtipps:
http://www.vtech.de
http://www.fisher-price.com/de
http://www.pc-maus.eu
Der matschige Erdhügel hat leider keine eigene Webseite ;)
Einen Kommentar schreiben