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Elisabeth Menasse-Wiesbauer, Leiterin des ZOOM Kindermuseum

„Ein Umfeld bieten, in dem sich Kreativität entfalten kann.“

ZOOM Museum Außenansicht Museumsquartier

Das ZOOM Kindermuseum wurde Mitte der 1990er Jahre als erstes österreichisches Kindermuseum in Wien gegründet und ist mittlerweile nicht mehr aus der heimischen Museumslandschaft wegzudenken. Seit 2003 steht das Museum unter der Leitung von Elisabeth Menasse-Wiesbauer. Im Interview mit Babyforum.at verrät die ZOOM-Direktorin unter anderem, woher die Ideen für die Ausstellungen kommen, ob es ihrer Ansicht nach heute genügend Kulturangebote für Kinder in Österreich gibt und welche Neuerungen die ZOOM-Besucher ab Herbst erwarten.

Im Gegensatz zu Museen für Erwachsene steht im ZOOM Kindermuseum das Anfassen und Entdecken im Vordergrund. Worauf wird bei den interaktiven Ausstellungen und den zusätzlichen Angeboten besonders Wert gelegt?

Menasse-Wiesbauer: Im ZOOM stehen die Kinder im Mittelpunkt. Sie werden nicht als Publikum von morgen betrachtet, sondern als Publikum von heute! Ausgangspunkt aller Aktivitäten des Kindermuseums sind die Interessen und Bedürfnisse der Kinder: Sie betrachten Dinge anders als Erwachsene, lernen im Spiel, mit dem ganzen Körper und mit allen Sinnen, greifen die Objekte an und experimentieren mit ihnen. Auf diese spezielle Form des Lernens gehen die Ausstellungen des ZOOM ein, indem sie Aktions- und Spielräume schaffen, die eigenständiges Tun nicht nur zulassen, sondern fördern und evozieren.

Unsere Ausstellungen behandeln verschiedenste Themen aus den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Architektur. Das Gemeinsame dieser Ausstellungen ist, dass wir Zugänge finden, die möglichst alle Sinne ansprechen: Es gibt Stationen, an denen die Kinder ihre Körper zum Einsatz bringen, aber auch mit ihrem Körper bestimmte Erfahrungen machen. Bei der Ausstellung „Klingende Zahlen“, bei der es um den Zusammenhang von Musik und Mathematik ging, konnten die Kinder eine Stiege hinaufgehen und jede Stufe gab in aufsteigender Reihenfolge den Ton einer Tonleiter von sich. Oben angelangt, konnten sie über eine Rutsche hinunterrutschen und hörten die Töne in umgekehrter Reihenfolge in einem Glissando. Sie konnten Tonhöhe und –Tiefe also mit dem ganzen Körper erfahren.

In jeder Ausstellung gibt es auch Bastelstationen, an denen die Kinder bestimmte Inhalte über eigenes manuelles Tun vermittelt bekommen. Natürlich gibt es auch Anregungen für die Ohren: Hörgeschichte, Musik oder die Möglichkeit, selbst Instrumente zum Klingen zu bringen. Besonders wichtig ist uns – und das gilt für alle Bereiche, vor allem für die Workshops – den Kindern ein Umfeld zu bieten, in dem sie ihre Kreativität entfalten können.

Baby im ZOOM Ocean

Wer entwickelt die Ausstellungen für das ZOOM Kindermuseum – wie funktioniert der Weg von der Idee bis zur Eröffnung einer Kinderausstellung?

Wir überlegen im Team, welche Ausstellungsthemen für Kinder interessant sein könnten und befragen natürlich auch unseren Kinderbeirat und unseren PädagogInnenbeirat. Es gibt eine lange Wunschliste und für die nächsten drei Jahre sind die Themen schon festgelegt, denn wir haben eine lange Vorbereitungszeit, in der die Ausstellungen konzipiert und die finanziellen Mittel dafür aufgetrieben werden. Wenn das Thema festgelegt ist, überlege ich, wer die Ausstellung kuratieren und architektonisch planen könnte. Viele unserer Ausstellungen wurden von ZOOM MitarbeiterInnen konzipiert und kuratiert, einige auch von mir selbst. Das ist in Wahrheit meine Lieblingsarbeit.

Wir haben im ZOOM ein ziemlich großes Know-how entwickelt, wie Kinderausstellungen funktionieren. Ich lade aber auch manchmal externe KuratorInnen ein. Die momentane Ausstellung zum Thema Wasser wurde zum Beispiel von einer externen Kuratorin entwickelt. Sie ist eine erfahrene Ausstellungsmacherin, aber ihr Feedback war: Kinderausstellungen sind viel schwieriger zu machen, als Erwachsenenausstellungen. Denn in Kinderausstellungen funktionieren Texte nicht, weil Kinder einfach keine Texttafeln lesen. In einer Erwachsenenausstellung kann man alles beschreiben und beschriften und damit die Inhalte vermitteln. In Kinderausstellungen muss die Vermittlung von Inhalten über die aktive Beschäftigung der Kinder erfolgen: Durch Ausprobieren, Experimentieren, Basteln, durch Rollenspiele etc. Texttafeln gibt es allerdings auch bei uns im ZOOM und zwar für die begleitenden Eltern und PädagogInnen, denn die wiederum tun sich oft schwer mit dem aktiven Zugang und dem Experimentieren am Objekt.

Wir arbeiten bei den Ausstellungen auch mit WissenschaftlerInnen und ExpertInnen für das jeweilige Thema zusammen. Und ein Spezifikum des ZOOM Kindermuseums ist es, dass wir für die Gestaltung der Objekte meist Künstlerinnen und Künstler engagieren, denn sie sind Experten für eine sinnliche Umsetzung. Wenn wir nicht genau abschätzen können, wie etwas Bestimmtes auf Kinder wirkt, dann befragen wir unseren Kinderbeirat oder probieren bestimmte Szenarien mit ihnen aus. Ganz zentral ist, dass die Ausstellungen Spaß machen und die Inhalte spielerisch und lustvoll vermittelt werden. Ich erinnere mich an eine Gästebucheintragung eines Mädchens, die mir bestätigt hat, dass uns das gelungen ist. Sie schrieb: „Es hat mir so viel Spaß gemacht und trotzdem habe ich was gelernt“.

Kinder spielen im ZOOM Atelier

Sie selbst traten schon in den 80er Jahren für ein eigenes Kindermuseum ein. Gibt es Ihrer Ansicht nach heute in Österreich genügend Kunst- und Kulturangebote für Kinder und Jugendliche? Wie wichtig sind diese Angebote innerhalb der Museumslandschaft?

Ja, mittlerweile gibt es hervorragende Kunst- und Kulturangebote für Kinder und Jugendliche! Es gibt qualitätsvolles Kindertheater, Kinderkino, Kinderoper und in fast allen Wiener Museen gibt es gute Kinderprogramme. Die Situation hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert. In den 80er Jahren, als ich begann mich für Kindermuseen zu interessieren und einzusetzen, gab es kaum Angebote für Kinder. In Kultureinrichtungen wurden Kinder eher skeptisch beäugt, man hatte Sorge, dass sie etwas angreifen und kaputt machen. Das ZOOM wurde 1994 gegründet und spielte eine Vorreiterrolle im Bereich der Kinderkultur. Es hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass die Wiener Museumslandschaft viel kinderfreundlich geworden ist.

Heute haben Kinder und Jugendliche kostenlosen Zugang zu allen Bundesmuseen, aber auch in die Ausstellungen des ZOOM Kindermuseums, ins Jüdische Museum und an bestimmten Tagen auch ins Wien Museum. Marktführer ist trotzdem das ZOOM geblieben. Viele nationale und internationale Institutionen wenden sich an das ZOOM um sich beim Aufbau ihrer Kinderprogramme beraten zu lassen. Wichtig finde ich, dass das ZOOM ein besonders niederschwelliges Museum ist. Es leistet in Wien einen wesentlichen Beitrag dazu, dass auch Kinder aus museums- und bildungsfernen Schichten schon früh ein Museum betreten. Und weil sie diesen Museumsbesuch als etwas Lustvolles erleben, entwickeln sie zur Institution Museum ein positives Verhältnis, das die Grundlage für einen unbeschwerten Zugang zu Kunst und Kultur und ein späteres Nahverhältnis zu Museen bildet. 

Welcher Teil des Zoom Kindermuseums ist bei den jungen Besuchern am beliebtesten?

Im ZOOM gibt es vier Bereiche: Die interaktiven Wechsel-Ausstellungen für Kinder von 6 bis 12 Jahren, die verschiedene Themen aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Architektur aufgreifen. In den letzten Jahren wurden so unterschiedliche Themen wie Fliegen, Archäologie, Farben, Mozart, Musik und Mathematik, Bildhauerei etc. behandelt. Für die ganz kleinen Kinder im Alter von 8 Monaten bis 6 Jahren gibt es den ZOOM-Ozean, einen Dauerausstellungs- und Spielbereich für Kinder, der vor allem die Haptik, Motorik und Phantasie anspricht und anregt. Im Atelier können Kinder von 3 bis 12 Jahren mit Künstlern und Künstlerinnen verschiedene bildnerische Techniken und Materialien ausprobieren und im Trickfilmstudio produzieren Kinder und Jugendliche von 8 bis 14 Jahren selbst Trickfilme.

Alle vier Bereiche sind bei Kindern sehr beliebt und ausgesprochen gut gebucht. Es kommt auf den Charakter eines Kindes an, ob es lieber bildnerische kreative Workshops besucht, lieber neue Inhalte in einer Ausstellung erfährt oder im Ozean spielt und herumtollt. Wir bieten für die verschiedenen Altersgruppen und Bedürfnisse unterschiedliche Angebote an, die auf die altersspezifischen Vorlieben und Fähigkeiten Rücksicht nehmen. 

Bis 29. August können Kinder noch die Ausstellung „Ha Zwei Ooo“ besuchen und damit Spannendes rund um das Element Wasser erleben und erforschen. Können Sie schon verraten, welche Ausstellung im Herbst folgen bzw. welches Thema in den Mittelpunkt gerückt wird?

Im Herbst wird es eine Ausstellung zum Thema Geld geben. Der Arbeitstitel lautet: Geld ist nicht alles. In dieser Ausstellung werden Kinder erfahren, warum es überhaupt Geld gibt oder dass früher auch Muscheln, Schnecken oder Zähne als Geld verwendet wurden. Sie lernen, was die Funktion von Banken und Nationalbank ist, können in der Ausstellung selbst Geld verdienen und in einem Geschäft oder im Geld-Varieté wieder ausgeben. Sie können Geschicklichkeitsspiele mit Geld machen und bekommen einen Begriff von „großen Zahlen“: Was ist eine Million, eine Milliarde, eine Billion? Die Ausstellung soll aber auch zum Nachdenken darüber anregen, was im Leben wichtig ist, aber mit Geld nicht gekauft werden kann.

Foto von Elisabeth Menasse-Wiesbauer

Elisabeth Menasse-Wiesbauer ist seit 2003 Direktorin des ZOOM Kindermuseum im Wiener Museumsquartier.

Neben Ihrer Tätigkeit als Herausgeberin und Kinderbuchautorin ist sie auch Preisträgerin des Bruno-Kreisky-Förder-Preises für das politische Buch.

Link zum ZOOM:
www.kindermuseum.at

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