Das Kind im Elternbett: Störfaktor oder Bereicherung?
Für die einen ist es ganz normal und natürlich, auf andere wirkt es befremdlich, wenn sich Eltern mit ihren Kindern ein Bett teilen. Während das gemeinsame Schlafen in Skandinavien wie selbstverständlich und oft bis ins Volksschulalter praktiziert wird, wandert in Österreich ein Drittel der Kinder ins elterliche Schlafgemach.
Die Tendenz ist allerdings steigend. Anhänger des „Co-Sleeping“ sehen es als bewusste und wichtige Entscheidung, das Bett mit dem Nachwuchs zu teilen. Gegner orten darin jedoch eine Gefahr für die Beziehung der Eltern als auch für die selbstständige Entwicklung des Kindes.
Co-Sleeping im Trend
Was sich hierzulande erst langsam entwickelt, ist in anderen Kulturen und Ländern gang und gäbe. Schon seit jeher schlüpfen Kinder gerne mal unter die Decke der Eltern, sei es, um einfach zu kuscheln oder um bösen Albträumen zu entfliehen. So ganz nah bei Mama und Papa fühlen sich die Kleinsten sicher, geborgen und gut aufgehoben. Die Nähe hilft ihnen, sich zu beruhigen und schnell wieder zurück in einen erholsamen Schlaf zu finden.
Beim Co-Sleeping dreht sich alles genau um diese Nähe. Sich ein Bett zu teilen ist in diesem Fall nicht nur eine Ausnahme, sondern die Regel. Eltern entscheiden sich bewusst dafür, ihr Kind im Elternbett oder in einem Beistellbettchen/Babybalkon mit der geöffneten Seite direkt angeschlossen an das Ehebett schlafen zu lassen. Da es in einem herkömmlichen Doppelbett schon mal eng werden kann (vor allem wenn Geschwisterkinder auch dort übernachten), steigen einige Familien auf ein so genanntes Familienbett um. Es handelt sich hierbei um ein relativ großes Bett, das je nach Ausführung 4-5 Personen Platz bieten soll.
Manche Eltern verzichten auch komplett darauf und richten stattdessen ein gemütliches Matratzenlager am Boden ihres Schlafzimmers ein.
Das spricht dafür …
Die Diskussion rund um das Thema Familienbett wird mitunter hitzig geführt. Auf der einen Seite stehen leidenschaftliche Befürworter, die allen voran die positiven Effekte auf die emotionale Entwicklung des Kindes hervorheben. Kritiker weisen auf der anderen Seite jedoch daraufhin, dass Co-Sleeping von den Eltern ein großes Opfer erfordert. Sie verzichten auf Intimität - schließlich ist das Schlafzimmer oft der einzig verbleibende „geschützte“ Raum, der es den Eltern ermöglicht, wieder einmal ein Paar zu sein und Zweisamkeit (in welcher Form auch immer) zu leben.
- Stillende Mütter können ihre Babys schneller und gemütlicher versorgen, wenn sie in der Nacht direkt neben ihnen liegen.
- Die Schlaf-Rhythmen von Mutter und Kind passen sich besser aneinander an.
- Kinder haben auch in der Nacht das Gefühl, geborgen und gut aufgehoben zu sein. Dies stärkt wiederum die Eltern-Kind-Bindung.
- Co-Sleeping wirkt sich positiv auf die Stillbeziehung aus.
- Wer aus beruflichen Gründen tagsüber nicht sehr viel Zeit mit dem Nachwuchs verbringen kann, erhält so die Möglichkeit, in der Nacht ein wenig Nähe nachzuholen.
… und das dagegen
Co-Sleeping oder Schlafen im Familienbett ist nicht jedermanns Sache. Kritiker der Methode sehen folgende Aspekte als nachteilig:
- Die Schlafqualität der Eltern sinkt, da sich Kinder (je älter sie werden) im Schlaf sehr viel bewegen und dies eine gewisse Unruhe erzeugt.
- Auch Kinder können schlechter schlafen, vor allem wenn der Platz im Familienbett begrenzt ist z.B. durch andere Geschwisterkinder.
- Das Liebesleben der Eltern wird stark eingeschränkt oder kann im Ehebett gar nicht mehr stattfinden. Wer seine Sexualität ausleben möchte, muss auf andere Orte in der Wohnung ausweichen.
- Das Elternschlafzimmer fällt als Rückzugs- und Ruheoase weg. Wollen sich Mama und Papa erholen, müssen sie Alternativen suchen.
- Ist der Nachwuchs erst einmal daran gewöhnt, im Elternbett zu schlafen, fällt die Umstellung auf das eigene Bett mit steigendem Alter möglicherweise schwerer.
Individuelle Entscheidung
Ob der Nachwuchs Unterschlupf im Elternbett findet oder doch in seinem eigenen Bettchen schläft, ist letztlich eine Entscheidung, die Familien nach individuellen Gesichtspunkten treffen müssen. Sich mit dem Kind ein Bett zu teilen, ist nicht unbedingt die beste Variante für alle. Umgekehrt sollte Co-Sleeping nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Erziehungsexperten und Familiencoaches sind sich einig, dass die „richtige“ Lösung immer jene ist, mit der alle Familienmitglieder gut leben können. Dem Kind die nächtliche Nähe aufzuzwingen macht nämlich genauso wenig Sinn, wie ihm Zuwendung und Geborgenheit in Form des gemeinsamen Schlafens zu verwehren.
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